|175|

 

5. Kapitel

Krise und kirchliche Anwendung des “nieuwen kerkrechts”:
K. Schilder und die sogenannte “vrijmaking”.

 

I. Die Ausgangssituation.

 

Spannungen verschiedener Art — dogmatische, politische und wohl auch persönliche — führten gerade in der Zeit der deutschen Besetzung zu dem Konflikt zweier Generalsynoden mit dem Kampener Professor K. Schilder, der die Gereformeerde Kerken schwer erschütterte und schliesslich in einer neuen Separation endete.

Will man nicht, wie es wohl naheliegen könnte, den Grund der gesamten Auseinandersetzung in der Persönlichkeit Schilders sehen — und dies erscheint uns zu oberflächlich —, so ergibt sich aus der Geschichte und den Motiven dieses Konfliktes, dass er in der Tat der grosse Kampf um das “gezag der synode” gewesen ist. In ihm begegneten sich die Tendenz zur Stärkung des Verbandes und die in der Doleanz und unter den Anhängern Geelkerkens wieder in Erscheinung getretene Auffassung der absoluten Gemeindesouveränität mit von vornherein klaren Fronten.

 

a) Dogmatischer Streit

Im Jahre 1936 nahm die Generale Synode der Gereformeerde Kerken in Amsterdam nach langer und heftiger Diskussion einen Antrag an, wonach die Synode hinsichtlich einiger Punkte der Lehre, in denen in letzter Zeit “van de tot nog toe gangbare leeringen afwijken(de) . . . opvattingen worden voorgedragen”, eine Untersuchung einleiten und entscheiden sollte, ob diese neuen “opvattingen wel in overeenstemming zijn met Schrift en

|176|

belijdenis”.1) Sie beauftragte mit dieser Untersuchung acht Deputaten.2) Indem sie jenen Antrag annahm, leitete sie erstmalig eine synodale Untersuchung ohne eine bestimmte Anklage und auch ohne ein fixiertes Gravamen ein.3)

Der Hintergrund dieses Antrages und des damit einsetzenden Versuches, gewisse Auffassungen in der kirchlichen Lehre auszuschalten, dürften seit langem bestehende Spannungen zwischen Hepp und Schilder — beide praeadvisierende Mitglieder der Synode — sein.4) Hepp aber hat 1936 und 1937 in einer Reihe von Broschüren unter dem Titel “Dreigende Deformatie”5) vor einigen “afwijkende gevoelens” gewarnt, die bei subjektiver Treue zum


1) Acta Gen. Syn. 1936, Art. 212 (22.9.36). Die Antragsteller (Dr. Polman und Ds. Van der Vegt waren zu diesem Antrag nicht von ihren Part. Syn. beauftragt worden, sahen aber genügend Anlass dazu in der Tatsache, dass “mede door den inhoud van sommige polemieken en andere artikelen in onze kerkelijke pers van de laatste jaren onrust is gewekt en de vrees is uitgesproken, dat op bepaalde punten de gereformeerde belijdenis hetzij wordt losgelaten, hetzij wordt verzwakt, hetzij disputabel gesteld wordt”. Vgl. Acta Gen. Syn. 1936, Art. 152.
2) Vgl. Acta Gen. Syn. 1936, Art. 212. Zu dieser Deputatschaft gehörten drei Professoren der VU (Aalders, Hepp, Vollenhoven), der Praeses der Synode (Ds. Schouten, Amsterdam, schon bekannt aus der Affäre Geelkerken), zwei Kuratoren der Kampener Hochschule (Ds. Diemer und D. Thijs) und schliesslich Prof. Schilder und Greijdanus. In die Behandlung einbezogen wurden die Lehrstücke über “Algemeene Genade, Genadeverbond, Onsterfelijkheid der ziel, Pluriformiteit der kerk, Vereeniging van de beide naturen van Christus, Zelfonderzoek”.
3) Zehn Jahre früher hatte sie einen ähnlichen Antrag von Dr. Ubbink abgelehnt. Vgl. dazu Acta vgz. bgw. Gen. Syn. 1927, Art. 398; Acta Gen. Syn. 1933, Art. 246 und Bijlage LXIV.
4) Sie hatten z.B. ursprünglich in der Redaktion der “Reformatie” zusammen gearbeitet, sich dann aber getrennt, wobei Schilder an Stelle von Hepp die Redaktionsleitung übernahm.
5) Dr. V. Hepp, Dreigende Deformatie, 1936 und 1937 I Diagnose; II Het voortbestaan van de ziel; III De vereeniging van de beide naturen van Christus; IV De algemeene genade. Hepp behandelte also genau jede Lehrstücke, welche die Synodale Commission untersuchen sollte, wenn auch ein ebenfalls vorgesehenes Heft über “Het kerkbegrip” nicht mehr erschien.

|177|

Bekenntnis dies doch in der Praxis zu gering achteten und die alte, “historische Linie” der Gereformeerden Theologie verliessen.1) Einer der Theologen, aus deren Publikationen Hepp in seinen Broschüren — übrigens seltsamerweise ohne jede Quellenangabe — recht ausführlich zitierte und die er angriff, war Schilder. Im übrigen richtete sich Hepps Angriff im wesentlichen gegen jene Gruppe, die sich gerade 1936 als “Vereeniging voor calvinistische Wijsbegeerte” mit den Amsterdamer Professoren Dooyeweerd und Vollenhoven sowie Dr. De Graaf an der Spitze konsolidiert hatte, und die sich um den Aufbau einer vom scholastischen Erbe freien christlichen Philosophie als radikaler Denkkritik auf der Grundlage des reformierten Glaubens bemühte.2)

Das erste Heft dieser Reihe ist aber bereits vor der Synode geschrieben und flatterte sozusagen auf ihren Tisch.3) Die ohnehin bestehende Spannung wurde also noch verschärft. Und da Hepp und Schilder zusammen der Synodalen Commission für die Lehruntersuchung angehörten, entstand bald auch dort eine Spaltung, sodass diese der Synode zwei verschiedene Gutachten vorlegen musste — das eine von Hepp und der Mehrheit, das zweite von Schilder und Vollenhoven verfasst.4)


1) Vgl. Hepp, I, besonders S. 17-23. Hepp meint, zwar bleibe “het gezag der Schrift ongerept”, aber “met de binding aan de belijdenis hapert het hier en daar”. Und “de autoriteit van de confessie (mag) niet laag worden aangeslagen. Men kan haar niet passeeren om zich direct tot den bijbel te wenden”. Das Bekenntnis ist Schlüssel, und zwar einzig legitimer Schlüssel zur Schrift, a.a.O., S. 18.
2) Ihr Hauptwerk: H. Dooyeweerd, “De Wijsbegeerte der Wetsidee”, 3 Bde., Amsterdam 1936/37.
3) Das Vorwort ist datiert “Augustus 1936”, der Antrag Polman wurde am 10. Sept. gestellt und am 23. Sept. beschlossen. Der Einfluss der Heppschen Broschüre liegt auf der Hand.
4) Vgl. Acta Voortgez. Gen. Syn. 1939, Art. 392 und 393.

|178|

b) Der Kampener Angriff auf das “nieuwe kerkrecht”.

Schon sehr bald erhob sich aber auch der Widerstand gegen die von H.H. Kuyper und M. Bouwman entwickelte und auf Voetius gestützte Auffassung vom Verhältnis der Synode zur Ortsgemeinde. Diese Gegenbewegung ging 1938 von Kampen aus. Sie wurde getragen von Schilder selbst, dem Neutestamentler S. Greijdanus und dem Prediger J.S. Post1) und nahm etwa die Linie wieder auf, welche bis kurz zuvor von Jansen und Lonkhuyzen vertreten worden war. Schon in diesen Aufsätzen zeichnet sich, wenn man die ohnehin auch auf anderen Gebieten vorhandene Spannung und das bereits erfolgte Ausscheiden von Greijdanus aus der synodalen Commission für die Lehrfragen2) in Rechnung stellt, der Schatten des kommenden Konfliktes ab.

Greijdanus bestreitet die Bouwmansche These, dass durch den Zusammenschluss der Kirchen eine neue unio entstehe.3) Ist dies aber nicht der Fall, so kann der “meerderen vergadering” auch prinzipiell kein Eingriffsrecht in eine örtliche Gemeinde zustehen. Die prinzipielle Negierung dieses Rechtes aber schliesst auch seine beschränkte Zubilligung in bestimmten Fällen für Greijdanus aus.4) Eigentliche Amtsgewalt sowie das Recht und die Pflicht zur Betätigung derselben gibt es nur in der Ortsgemeinde, also bei den Mitgliedern des


1) Vgl. den Aufsatz von Greijdanus, “Het wezen der meerdere kerkelijke vergaderingen volgens Voetius”, De Reformatie, 18. Jg., Nr. 31-38; ferner den Aufsatz von Post, “De zelfstandigheid der plaatselijke kerk”, De Reformatie, 18. Jg., Nr. 41-46. Dazu noch die Broschüre von Greijdanus “Schriftbeginselen van kerkrecht inzake meerdere vergaderingen”.
2) G. stellte seine Mitarbeit in den ersten Apriltagen 1938 ein. In “De Reformatie”, 18. Jg. Nr. 31 (erschienen am 29. April 1938) steht auf S. 287 in diesem Zusammenhang eine heftige Polemik gegen Hepp wegen dessen Verhandlungsführung.
3) Greijdanus, De Reformatie, 18. Jg., S. 297, 304.
4) A.a.O., S. 307, 322; Schriftbeginselen, S. 14, 19.

|179|

“kerkeraads”.1)

Weil “geene kerk van zich zelve, als plaatselijke kerk iets over een andere te zeggen heeft, . . . heeft ook geene vergadering van zoodanige kerken en ambtsdragers iets over de verschillende kerken dier vergadering buiten de eigen kerk dier onderscheidene afgevaardigden te zeggen, dan voorzoover daarvoor eerst een onderling accoord is getroffen . . . . Het hangt hier alles af van de onderlinge afspraak, toestemming, medewerking dier kerken”.2) Der “Kerkeraad heeft eigen, rechtstreeks van God ontvangen zeggenschap over zijne gemeente”, die “meerdere vergadering heeft geen eigen goddelijk gezag”, trägt “slechts een menschelijk karakter”.3)

Eine übergeordnete Macht der Synode kann demnach auch durch Kumulation nicht entstehen. “Hoeveel maal men nu ook niets bijeenbrengt en vermenigvuldigt, het blijft niets, er ontstaat geen hoop, cumulus . . .”.4) Die Synode ist nichts weiter als eine beratende Versammlung von Abgeordneten mit hohem sittlichem Gewicht den Gemeinden gegenüber, aber ohne eigene Exekutivgewalt, welche “van


1) “Hun ambt omvat de gansche gemeente, . . . en het betreft ook hun medeambtsdragers . . .”. Daraus folgt, “dat wanneer de meerderheid van eenen kerkeraad in leer of leven zou afwijken, de minderheid recht en roeping van Godswege bleef hebben of houden, om . . . de meerderheid te censureeren, ook al ware die minderheid nog zoo klein en zou zij maar uit een enkel lid bestaan” . . . a.a.O., S. 304, 306. Dies entspricht aber genau der praktischen Auffassung der Doleanz.
2) Greijdanus, Schriftbeginselen, S. 11, 14 f.; S. 22 heisst es: “Die uitwendige band van vereeniging of samenhang der verschillende plaatselijke kerken is van ondergeschikte, zoo niet zelf zeer ondergeschikte beteekenis en waarde . . . Die eenheid is allereerst en allermeest een geestelijke”.
3) Greijdanus, a.a.O., S. 15 f.
4) Greijdanus, a.a.O., S. 14; De Reformatie 18. Jg., S. 314.

|180|

Godswege” ausschliesslich dem “kerkeraad” zukommt.1) Die Gemeinde ist ein geschlossener Körper, “gelijk een zelfstandig persoon”; oder, wie Post dann im Sinne von Lonkhuyzen schreibt: “het kerkverband heeft steeds te handelen met de kerk als geheel”.2) “De kerkeraad heeft de verantwoordelijkheid voor zulk een gemeente. De Synode niet”. Diese könne im äussersten Falle “alle gemeenteleden voor hun verantwoordelijkheid plaatsen, met het gezag van de Heilige Schrift, zoodat ieder persoonlijk de keuze moet doen . . . . Wanneer dan allen het gezag van de meerdere vergadering versmaden en daarin Gods Woord verwerpen, bewijst zulk een kerk, er niet meer bij te behooren”.3) Das ist aber nichts anderes als die in der Doleanz praktizierte Auffassung, nämlich der Rückgriff auf das “Ambt der geloovigen” gegenüber dem “kerkeraad”, d.h. — nach Kuypers Kirchenbegriff — auf den “gezonden deel” des Organismus zur Reformation der verfälschten Institution.

Für Schilder selbst was das “Ambt der geloovigen” zentraler Richtpunkt. “Het vrije ambt der geloovigen is het begin, de vergadering is maar het vervolg”. Diese darf darum “nooit in contrapositie komen te staan tegenover het volle leven der kerken zelf”. “Een meerdere vergadering, die deze . . . (Gods) . . . orde niet respecteert, verdient geen respect, doch moet om ’s Heeren wil in het aangezicht weerstaan worden, opdat de kerk des Heeren haar vrijheid moge genieten, die ze in Christus Jezus heeft”.4)


1) Synoden dürfen und müssen “raad geven en hulp bieden, en in bepaalde gevallen oordeelen en vonnissen. Maar de uitvoering van haar vonnis is niet haar werk . . .”. De Reformatie, 18. Jg., S. 333. Greijdanus beruft sich auf Matth. 20, 25 f. und Luk. 22, 25 f. Zu lehren, dass “een meerdere kerkelijke vergadering eenen kerkeraad ter zij schuiven . . . en doen (mag) wat des kerkeraads is . . . is het Gereformeerde kerkrecht prijsgeven, en de hierarchie aanbevelen, en bevorderen”, a.a.O., S. 307 in einer Polemik gegen H.H. Kuyper.
2) Post, in “De Reformatie”, 18. Jg. S. 392.
3) A.a.O., S. 400.
4) K. Schilder, Respect voor meerdere vergaderingen, in “De Reformatie”, 18. Jg., Nr. 45, S. 399.

|181|

“Confoederatie, mutuus consensus, vrijwillige aansluiting” sind die Begriff, die den Kirchenverband charakterisieren. Auch darin folgt Greijdanus Lonkuyzen, dass er dem schottischen und französischen Kirchenrecht den “zuiver gereformeerden” Charakter abspricht und die volle Realisierung der Gedanken und Erkenntnisse Calvins allein für die niederländische Kirche in Anspruch nimmt.1)

Voetius’ Lehre ist nach Greijdanus’ Meinung nicht “zuiver principieel”. Auch weil er neben der Linie der vollkommenen Autonomie der örtlichen Gemeinden in Ansehung des “kerkverbandes” häufig aus “nuttigheidsoverwegingen redeneert” und darum zur “overheersching” zum “afdalenden gezag” komme.2) Dies aber lehnt Greijdanus ab, und es hat den Anschein, dass er keinen legitimen Mittelweg sieht. So aber ist im Grunde die Polarität zwischen Orts-Kirche und Verband zugunsten des einen Poles aufgehoben und der Weg des Independentismus eingeschlagen. Er bekundet sich in der Idee der grundsätzlichen Ratifizierung und Inkraftsetzung synodaler Beschlüsse durch die Presbyterien..

 

II. Der Konflikt der Synode mit Professor Schilder.

 

Durch die Polemik Hepps und die ecclesiologisch-kirchenrechtliche Auseinandersetzung war der Boden erhitzt, als die Generalsynode 1939, kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs, wieder zusammentrat. Das Gutachten über die Lehrfragen war noch nicht fertig, seine Behandlung wurde also verschoben. Jedoch hatte die Debatte zwischen den Richtungen Kuyper-Bouwman und Schilder-Greijdanus zu einer solchen Unsicherheit “inzake de meerdere vergaderingen” geführt, dass die


1) Vgl. Greijdanus, Schriftbeginselen, S. 17.
2) Vgl. Greijdanus, Het wezen . . ., De Reformatie, 18. Jg., S. 290, 314 und 323.

|182|

Synode sich durch Anträge zweier Particulierer Synoden veranlasst sah, fünf Deputaten mit einem “omstandig onderzoek . . . naar het tuchtrecht der meerdere vergaderingen, in verband met het dienomtrent bestaande verschil van gevoelen”, zu beauftragen.1)

In einem Bericht über die Anträge hatte Prof. Nauta festgestellt, dass die Schrift über die Fragen, ob Synoden von Gott allein zugestanden oder geboten seien, und ob sie befugt seien, in “leer-, regeer- en tuchtzaken” bindend zu beschliessen und ihre Beschlüsse notfalls selbst auszuführen, “geen duidelijke, alles afdoende uitspraken bevat en ook onze formulieren van eenigheid het zwijgen bewaren”. Deshalb könne “ten opzichte van dergelijke kwesties . . . niemand geacht worden confessioneel gebonden te zijn”. Praktisch jedoch stehe das Zuchtrecht der Synode “onder ons volkomen vast” und könne nicht “disputabel gesteld” werden. Es könne sich also nur um die Frage nach der Grenze dieses Rechtes handeln.2)

Die Synode hat sich dann am 20. September 1939 auf das folgende Jahr vertagt.3) Ehe sie indessen wieder zusammentreten konnte, war der Krieg über die Niederlande hereingebrochen. Da nach der deutschen Besetzung auch die Kirchen vor anderen grossen Aufgaben standen, beantragten mehrere Synoden und Classen, die Verhandlung der noch anliegenden Lehrfragen einstweilen bis auf ruhigere Zeiten auszusetzen.4) Die Synode hat diesen


1) Acta Gen. Syn. 1939, Art. 183 und 319. Diese Anträge waren von Drenthe und Nord-Friesland gestellt. Die Untersuchung sollte sich besonders beziehen auf die Bestimmungen der KO in den Artt. 30, 31, 36, 77, 80, 85. Deputaten der Synode ad hoc wurden: Die Professoren Greijdanus und Den Hartog aus Kampen, H.H. Kuyper und D. Nauta aus Amsterdam sowie die beiden Prediger Dr. M. Bouwman und Dr. W.A. van Es; Vertreter der beiden kirchenrechtlichen Auffassungen und Gemässigte.
2) Vgl. Acta Gen. Syn. 1939, Bijlage XXXVI, S. 216 f.
3) Sie hatte selbst kurz vorher entschieden, dass eine solche “provisionele sluiting . . . als zodanig niet gezegd kan worden met de KO in strijd te zijn”. Acta Gen. Syn. 1939, Art. 133.
4) Vgl. Acta Gen. Syn. 1939, Art. 377, 3.

|183|

Anträgen nicht stattgegeben und auf der Behandlung der “meeningsverschillen” bestanden.1)

Inzwischen war Schilder wegen publizistischer Angriffe gegen die Besatzungsmacht und den Nationalismus mehrere Monate inhaftiert worden und nur unter der Bedingung wieder freigelassen, dass er sich jeglicher publizistischer Arbeit enthalte.2) Er beantragte daraufhin, die Synode solle die Behandlung der Lehrfragen während der Besatzungszeit und solange eines ihrer Mitglieder an allem Veröffentlichungen seiner Meinung verhindert sei, ruhen lassen.3) Die Synode hat diesen Antrag vom 26. März 1941 abgewiesen und beschlossen, zur Behandlung der


1) Vgl. Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 392.
2) Sein Blatt “De Reformatie” hatte auf Anordnung der Militärregierung das Erscheinen einstellen müssen.
3) Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 477.
Schilder war om 6.12.1940 wieder entlassen worden. Er war in den Lehrfragen gegen geheime Verhandlungen und hat wiederholt gefordert, dass seine als Deputat und Praeadviseur der Synode vorgebrachte Auffassung gleicherweise in den Acta publiziert werden müsse wie die der — ihn öffentlich beschuldigenden — anderen Deputaten, deren Rapporte bereits gedruckt worden waren. Da er selbst aber auch in der von Hepp eröffneten Pressepolemik durch das Publikationsverbot ausgeschaltet war, drang er auf Aussetzen der Verhandlungen. “Ik heb toen verwacht, dat de synode zou besluiten, haar afhandeling van deze heele zaak op te schorten, totdat alle broeders, ongehinderd door de gevolgen van de bezetting van ons land, en weder op voet van gelijkheid in staat gesteld, met de kerken in verbinding te treden door de pers en anderszins, wederom konden samenwerken”. (Bei Greijdanus, Zijn dan deze dingen alzoo?, S. 11).
Die Synode hat hingegen geltend gemacht, dass es für sie nicht ausschlaggebend sei, “of een van haar leden of praeadviseurs publiek zijn meening kan uiteenzetten”, sondern “dat in haar vergaderingen elkeen de volle gelegenheid erlangt, om zijn standpunt toe te lichten en te verdedigen”. Diese aber habe auch für Schilder bestanden (Toelichting Schorsing Schilder, S. 4). Dessen Meinung, als sei die Synode “platform of publieke tribune” (Heraut Nr. 3473, M. Bouwman), als gehe es um ein “pleiten voor het front der kerken” (Schilder, im Brief an die Synode vom 27.8.1942, bei Spronsen, S. 13), ist von der Synode scharf abgewiesen worden (in den ihn betreffenden Beschlüssen, vor allem aber Toelichting Schorsing Schilder, S. 5).

|184|

“meeningsverschillen” möglichst im Mai 1942 wieder zusammenzutreten.1) Nach diesem Beschluss liess Schilder in die Acta aufnehmen, “dat hij zich aan de gevallen beslissing niet kan conformeeren”. Er stellte seine Mitarbeit als Praeadviseur der Synode ein und ist nach dem 17. Dezember 1941 zu keiner Sitzung der Synode mehr erschienen,2) auch nicht auf wiederholte Aufforderung der Synode und ihres Moderamens.3)

Am 29. Mai 1942 beschloss die Synode sogar, die für jenes Jahr vorgesehene neue Synode erst 1943 einberufen zu lassen und sich selbst dafür nur provisorisch zu schliessen, um ach nach Behandlung der “meeningsverschillen” noch wieder zusammentreten zu können.4) Als


1) Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 550 (17.12.41). Die bgw. Gen. Syn. von 1946 hat diese Entscheidung gebilligt, weil die Differenzen in den strittigen Punkten nach wie vor bestanden, ihre Behandlung aber nach der langen Vorarbeit zweckmässig noch von der alten Synode vorgenommen werden sollte und gerade “in verband met de noodtoestand van land en volk mocht verwacht worden, dat ieder geneigd zou zijn krachtig mede te werken aan een goede oplossing van de gerezen moeilijkheden”. Acta bgw. Gen. Syn. 1946, Art. 220, 5. Die Gegner der Behandlung zogen aber bekanntlich aus demselben “noodtoestand” die Konsequenz, dass man angesichts der ungeheuren äusseren Belastung die Behandlung so diffiziler, keineswegs fundamentaler Lehrfragen bis auf ruhigere Zeiten anstehen lassen sollte.
2) Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 550 und 554. Schilder hat später geäussert, dass er nach diesem Beschluss der Synode Gelegenheit geben wollte, die “beschuldigingen waar te maken”, die in dem Mehrheitsrapport gegen seine Lehre erhoben waren. Bei Greijdanus, Zijn dan deze dingen alzoo?, S. 12 und 13. Entsprechend auch bei Spronsen passim.
3) Vgl. Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 580 (Telegramm der Synode an Schilder mit der Bitte, doch zu kommen und die persönlichen Gründe der gemeinsamen Arbeit unterzuordnen); Art. 590 (Schilders Erklärung, dazu bereit zu sein, wenn man von der Behandlung der “meeningsverschillen” absehe); Art. 633 (Nochmalige Aufforderung an Schilder und Greijdanus, zur Synode zu kommen).
4) Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 622.

|185|

sie dies im September 1942 tat, erklärte Schilder, die Synode verstosse nun eindeutig gegen den Art. 50 der KO, indem sie ihre Sitzungen über drei Jahre ausdehne.1) Er könne sie nicht mehr als legitim anerkennen und sehe sich darum auch nicht verpflichtet, ihren Beschlüssen Folge zu leisten.2)

So fiel die Entscheidung in den Lehrfragen — übrigens trotz weiterhin bestehender Bedenken in den Kirchen3) — in den ersten Junitagen 1942 ohne Beteiligung von Schilder und Greijdanus.4)5) Kurz darauf — in der verlängerten Sitzungsperiode — wurde die Zulassung von Kandidaten zum Predigtamt von der Zustimmung zu diesen


1) Art. 50 D.K.O. bestimmt: “De Nationale Synode zal ordinaarlijk alle drie jaren eens gehouden worden, ten ware dat er eenige dringende nood ware, om den tijd korter te nemen . . .”. Zu dieser Frage siehe weiter unten.
2) Vgl. hierzu die von Spronsen veröffentlichte Korrespondenz Schilders mit der Synode mit dessen eigenen Erläuterungen. Besonders die Briefe vom 27.8.42 (S. 11 f.) und vom 30.9.42 (S. 15).
3) Die Synode hielt es immerhin für notwendig, angesichts der “talrijke bij haar ingekomen stukken, waarin verzocht wordt, de behandeling der dusgenaamde meeningsverschillen voorloopig uit te stellen”, und der dabei sich zeigenden “voor de rechte verhouding tusschen de Synode en de mindere vergaderingen der kerken bedenkelijk(e)” Auffassungen in einem Schreiben an die Classen ihre “gedragslijn . . . ten aanzien van het in behandeling nemen der dusgenaamde meeningsgeschillen” zu verteidigen; Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 703 (10.6.42).
4) Schilder hatte, nochmals durch eine Abordnung der Synode zur Teilnahme an den Beratungen aufgefordert, wiederum erklärt, dass er glaube, “aan den oproep der synode geen gehoor te moeten geven”; Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 646.
5) Vgl. Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 682, 699.

|186|

“leeruitspraken” abhängig gemacht.1)

Die Synode fasste weiterhin einen Beschluss über die Ernennung des Nachfolgers für den Kampener Prof. Greijdanus,2) der Schilders Widerspruch hervorrief, weil er nicht zu ihrem ursprünglichen Agendum gehörte.3) Die Situation war umso schwieriger, als durch die Zeitumstände eine Publikation der Acta einstweilen nicht erfolgen konnte und Information so nur durch die kirchliche Presse, hauptsächlich also den “Heraut” möglich war; und auch dies nur im beschränkten Maße.4)

Schilder hatte der Synode bereits in einem Brief vom 27. August 1942 seine Bedenken gegen die Verlängerung ihrer Sitzungsperiode mitgeteilt und sie dringend vor einer eigenmächtigen Erweiterung des 1939 aufgestellten Agendums gewarnt.5) Als die Synode am 6. Oktober 1942 in der Sorge, ihre Beschlüsse könnten “niet als wettige besluiten eener geldige vergadering” anerkannt werden, von Schilder (und Greijdanus) die “categorische verklaring” verlangte, “dat zij zich de facto conformeeren aan de besluiten, door de Synode genomen, en aan de uitvoering daarvan op loyale wijze hun medewerking zullen verlenen,”6) widersetzte sich Schilder dieser Forderung aus doppeltem Grunde: Einmal, weil ein Teil dieser


1) Vgl. Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 801 (vom 7.10.42). Die Classen sollten sich dieser Zustimmung beim Examen vergewissern.
2) Vgl. Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 745, 747 vom 1. bzw. 2. Sept. 1942. Dr. H.N. Ridderbos wurde mit 33 gegen 14 Stimmen gewählt.
3) Der Beschluss war 1939 ausgesetzt und die Kuratoren der Hochschule angewiesen worden, der Synode von 1942 Vorschläge zu unterbreiten. Sie hielten sich an das Datum gebunden, wenn auch statt der neuen noch die alte Synode tagte. Schilder hatte dagegen mündlich und schriftlich Bedenken geltend gemacht. Sein Brief an den Sekretär des Kuratoriums wurde von diesem jedoch der Synode nicht zur Kenntnis gebracht.
4) Z.B. waren in geschlossener Sitzung getroffene Entscheidungen bezüglich des Verhaltens zur Regierung und Besetzungsmacht grösstenteils nicht publikationsfähig.
5) Der Brief ist aufgenommen bei Spronsen, S. 11 f.
6) Der Beschluss Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 780, 4.

|187|

Beschlüsse ihm gar nicht bekannt war, zum anderen, weil er die “wettigheid” dieser verlängerten Synode überhaupt bestritt und die Ausführung illegaler Beschlüsse verweigerte.1)

Bereits am 30.9.42, also noch vor jener Forderung der Synode, hatte er dieser mitgeteilt, dass er sich mit seinen “bezwaren” gegen ihre Verlängerung und die Erweiterung des Agendums “naar elders wenden” werde.2) Dies geschah in seiner “bezwaarschrift” an den Kampener kerkeraad, mit der Schilder den durch Art. 31 der KO eingeräumten Klageweg zu betreten glaubte. Weil dieser Brief zum Stein des Anstosses wurde, zitieren wir seinen Schluss ausführlich; es heisst dort, der

“kerkeraad” solle “langs den Kerkelijken weg bezwaren uit . . . spreken en ook bij de kerken der classis en der provincie in bespreking (te) geven, bezwaren tegen de eigenmachtige uitbreiding van hun agendum door de afgevaardigden naar de synode van Sneek”. Nach seiner — Schilders — Meinung “zou het aanbeveling verdienen, indien volgende handelingen geschieden:
a) de kerkeraad der Gereformeerde kerk van Kampen bericht aan de broeders, die voor Overijssel zitting hadden in de Synode van Sneek . . ., dat naar de meening van den Kerkeraad op grond van de artikelen 33, 35, 36, 41, 46, 47, 50 der Kerkenordening tot zijn leedwezen geconstateerd moet worden, dat de synode van Sneek, hetzij tegen de letterlijke bepaling, hetzij tegen de leidende gedachte van deze artikelen en van de kerkenordening is ingegaan, door zichzelf te continueeren, ook nadat haar den kerken bedenk gemaakte en van de kerken zelf bepaalde agendum was afgehandeld en door op eigen gezag van haar leden haar agendum willekeurig uit te breiden, en dienaangaande te beslissen, gelijk reeds geschied blijkt te zijn, in een benoeming van een Hoogleeraar aan de Theologische Hoogeschool, welke benoeming naar goede orde, en ook naar het den kerken reeds bekend gemaakte besluit der synode van Sneek zelf, de taak van de volgende synode zou geweest zijn.


1) Ebenfalls bei Spronsen, S. 18.
2) Der Brief ist abgedruckt bei Spronsen, S. 15. Schilder hat sich dabei darauf berufen, dass die Synode in einem anderen Falle bereits es als sinnlos bezeichnet hatte, “bezwaren tegen besluiten in te brengen bij dezelfde instantie, die ze nam”.

|188|

b) De kerkeraad spreekt uit, dat de afgevaardigden naar de generale Synode van Sneek hiermee de grenzen van hun bevoegdheid hebben overschreden, en noch terzake van de eigenmachtig aan het agendum toegevoegde punten, die reeds mochten behandeld zijn of metterdaad behandeld zijn, noch terzake van eventueel andere punten, de kerk van Kampen kunnen vertegenwoordigd hebben of vertegenwoordigen; weshalve ook het door hen beslotene overeenkomstig art. 31 der KO niet voor vast en bondig besluit kan gehouden worden.
c) De kerkeraad geeft van deze uitspraak kennis aan deze afgevaardigden, onder mededeeling, dat hij zich te dezer zake wenden zal tot de kerken der classis.
d) De kerkeraad brengt zijn uitspraken en bezwaren ter classis en verzoekt de classicale kerken aan deze afgevaardigden in gelijken zin te schrijven.
e) En verzoekt de classis, de particuliere synode saam te roepen, opdat ook deze aan bedoelde afgevaardigden in gelijken zin berichte, en hen onder verwijzing naar art. 35, slot, terugroepe.
f) Waar deze aangelegenheid een zaak van alle kerken is, geve de kerkeraad, zooveel dat thans nog mogelijk is, van zijn besluit kennis in het openbaar, met verzoek aan de classis, dat zij evenzoo handele en de particuliere synode verzoeke hetzelfde te doen.
g) De kerkeraad stelt bij de classis, en deze bij de particuliere synode en deze bij de eerstvolgende generale synode de vraag aan de orde, hoe verder te handelen zal zijn ten aanzien van hetgeen onwettig door de synode van Sneek is besloten, voor zoover aan de besluiten uitvoering mocht gegeven zijn . . .”.1)

Als den “kerkelijke weg” betrachtet Schilder also, wie diese Ratschläge deutlich zeigen, die Berufung auf die eigene Ortsgemeinde gegen die Synode mit dem Ziel, diese Synode abzuberufen und die Behandlung durch eine neue Generalsynode zu erreichen. Dafür sollten auch möglichst viele andere Kirchen gewonnen werden. Punkt a) des Vorschlages lässt im übrigen erkennen, dass Schilders Widerspruch sich offenbar praktisch an der Ernennung des neuen Professors für die Kampener Hochschule entzündete.


1) Der zitierte Schluss findet sich in “Eerste- en tweedehands gezag”, S. 18.

|189|

Die Synode hat sich mit diesem Brief befasst1) und ihn wegen des “tot in finesses uitstippelen van den weg, dien de kerkeraad van Kampen . . . zou moeten bewandelen” als weit über das “indienen van bezwaren” hinausgehend bezeichnet. Er sei ein deutlicher “oproep tot revolutionaire woelingen, . . . verwekken van scheuring en muiterij in Christus’ kerk”,2) darum “in strijd met de eischen van het kerkverband” und müsse “teruggenomen . . . worden”. Da Schilder sich seiner persönlichen Situation wegen zu mündlichen Beratungen ausserstande erklärt hatte,3) und da die Synode eine Lösung des Konfliktes nicht mehr glaubte erreichen zu können, übergab sie die Angelegenheit der folgenden Synode.4) Schilder wurde auferlegt, sich jeder ähnlichen Aktion zu enthalten. Die Synode hielt es angesichts der heftigen Angriffe, welche von “kerkeraden”, Amtsträgern und einigen Blättern gegen ihre “zelfcontinueering” und die im Laufe des Jahres 1942 gefassten Beschlüsse gerichtet werden (man warf ihr hierarchische Tendenzen vor), für notwendig, ihr Handeln in einem Rundschreiben an die Kirchen zu rechtfertigen.5)

Sie verspricht darin, dass sie sich vor allem hüten wolle, “wat aanleiding zou kunnen zijn tot eenige hierarchische afwijking . . . Zij wil met grooten nadruk uitspreken, dat indien er voor haar niet zeer gewichtige redenen bestonden om met haar arbeid voort te gaan, zij er niet aan zou gedacht hebben langer te vergaderen en de “gewone synode” uit te stellen . . .” Jedoch seien ihr “ingrijpende zaken” u.a. “zeer belangrijke kwesties rakende de verhouding van de kerken tot de bezettende macht” anvertraut gewesen, die sie nicht der folgenden Synode habe


1) Eine Abschrift desselben hatte die für die Einberufung der folgenden Synode verantwortliche Gemeinde Utrecht erhalten und der Synode vorgelegt.
2) “hier worden instructies gegeven, welke bij het volgen ervan scheuringen in ons kerkelijk leven zouden verwekken”.
3) So z.B. in seinem Brief an die Herren des Moderamens vom 3. Dez. 1942 (Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Bijlage CX; auch bei Spronsen, S. 28).
4) Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Artt. 866, 868 und 896.
5) Schrijven van de Generale Synode aan de kerken inzake de zelfcontinueering der Synode enz., Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Bijlage CVI, S. 264 ff., Dezember 1942.

|190|

überlassen können, weil sie eine Behandlung “door zooveel mogelijk dezelfde afgevaardigden” erfordert hätten. Überdies hätten sich für die Einberufung der nächsten Synode auch so viele praktische Schwierigkeiten herausgestellt, dass man sie zu Recht glaubte verschieben zu dürfen. Sie glaube auch, schreibt die Synode, “dat de behandeling van de “gewone zaken” in dezen tijd wel een jaar uitstel kon verdragen”. Ob diese Synode, wie einige fragten, “zitten zal tot het einde van den oorlog, is een vraag die niet gesteld moest worden en zeker niet voor beantwoording vatbaar is . . . Zij kan de kerken alleen de verzekering geven, dat zij geen dag langer zal voortarbeiden dan noodzakelijk is, . . . terwijl het bij dit alles voor de kerken toch de hoofdvraag moet zijn, niet of deze synode de voorkomende zaken behartigt, maar of deze behandeld en afgedaan worden in overeenstemming met het woord Gods en tot heil van de kerk van onzen Heere Jezus Christus”.1)
Das Wort “ordinaarlijk” im Artikel 50 der KO wolle nicht prinzipiell die Sitzungsdauer begrenzen, sondern die Väter hätten damit nur eine geregelte Versorgung des kirchlichen Lebens gewährleisten und verhüten wollen, dass die Kirchen auf längere Zeit ohne Generalsynode seien.
Was das Agendum angehe, so hätten die Synoden diese stets selbst definitiv festgestellt, und seien sie auch selbständig befugt, alle Kirchen betreffende Angelegenheiten nachträglich darauf zu ziehen. Die Ernennung des Nachfolgers für Prof. Greijdanus habe im übrigen ohnehin zu den Aufgaben dieser Synode gehört, da G. ordnungsmässig bereits 1941 wegen Erreichung der Altersgrenze hätte ausscheiden müssen.
Wenn jemand bestimmte Beschlüsse als “met Gods Woord in strijd” betrachte, dürfe er nicht auf Grund des Art. 31 der KO fordern, dass die Synode “de uitvoering van deze besluiten opschorte totdat zij hem bewezen heeft, dat haar besluiten wel in overeenstemming zijn met de Heilige Schrift, de Confessie en de KO, maar moet hij bewijzen, dat de synode ongelijk heeft” . . . Obendrein würde “het


1) Fast die gleichen Auffassungen finden sich in der Antwort der Synode von 1943 an den KR Wapenveld, wo die “onveranderlijke afkeer van alle hierarchie” und die “eerbiediging” vor der “zelfstandigheid der plaatselijke kerk” betont und die lange Sitzungsdauer der beiden Synoden und “het gebrekkig contact van haar met de afzonderlijke kerken” auf die “zoodanige abnormale omstandigheden, als onze kerken nimmer tevoren hebben beleefd”, zurückgeführt werden. Vgl. Acta Gen. Syn. 1943, Art. 642 und Bijlage XCIV.

|191|

kerkelijk leven verstoord worden, indien ieder lid of elke kerk het recht had, om, wanneer er bezwaren rijzen, de beslissingen der synode naast zich neer te leggen . . .”.

Dies Schreiben redet einer Beweglichkeit in der Anwendung der KO das Wort und stellt sich im ganzen auf die seit Assen bezogene Position, die erstens ein originäres “gezag” (“goddelijk recht”) der Synode unterstellt, sie also nicht lediglich vom Auftrag der Kirchen abhängig sein lässt, und ihr zweitens auch die unmittelbare Gültigkeit ihrer Beschlüsse, ein von einer Ratifizierung unabhängiges praevalierendes “gezag” gegenüber den einzelnen Kirchen und ihren Gliedern, zuschreibt.

Man wird grundsätzlich der Synode zubilligen müssen, dass so aussergewöhnliche Umstände wie gerade in den ersten Jahren der deutschen Besatzung zur Bewältigung der dadurch gestellten Aufgaben auch besondere Massnahmen rechtfertigten. Wenn die Synode ihr Handeln mit “kwesties rakende de verhouding tot de bezettende macht” begründet, so wird man auch eine Verlängerung ihrer Sitzungsperiode — aus diesem Grunde und um diese “kwesties” zu lösen — als legitim bezeichnen dürfen. Warum die Synode dann doch trotz so ernsthafter Vorstellungen auf der Behandlung der Lehrfragen ausgerechnet in dieser verlängerten Periode bestand, wenn sie andererseits selbst meinte, “dat de behandeling van de gewone zaken . . . wel een jaar uitstel kon verdragen” leuchtet nicht recht ein.

Die am 22. Juni 1943 zusammengetretene neue Generalsynode, welche sich in ihrer personellen Zusammensetzung nur wenig von ihrer Vorgängerin unterschied,1) befand


1) Vgl. Acta Gen. Syn. 1943, Art. 2 mit Acta 1939, Art. 2. Die Synode hielt sich “in overeenstemming met de kerkelijke praktijk, welke van ouds te recht werd gevolgd” trotzdem “tot het oordeelen over de tegen de handelingen der synode van Sneek/Urecht ingebrachte bezwaren ten volle bevoegd”, Art. 104, 1.

|192|

deren Beschluss zur Verschiebung der folgenden Synode um ein Jahr für rechtmässig,1) bestätigte gegen eine Reihe von Beschwerden die “wettigheid . . . van de in voortgezette zittingen genomen besluiten, met name tot de benoeming van een hoogleeraar aan de Theologische Hoogeschool” und auch die an Schilder und Greijdanus gerichtete Forderung,2) weil die Generalsynode von 1939/43 “zoolang haar het bewijs van het onrechtmatige harer besluiten en handelingen naar art. XXXI KO niet werd geleverd, de feitelijke erkenning van de geldigheid harer beslissingen mocht en in de gegeven omstandigheden moest vragen” und sich damit “in geen enkel opzicht aan eene in hierarchische richting zich bewegende overheersching van personen of kerken schuldig heeft gemaakt”.3) In einer späteren Sitzung lehnte sie eine Zurücknahme oder Revision der Lehrentscheidungen von 1942 ab, weil “tegen de wettigheid dezer uitspraken geen gegronde bedenkingen zijn ingebracht”, und hielt auch an der


1) Acta Gen. Syn. 1943, Art. 104, 2. In dem Beschluss wird darauf hingewiesen, dass “Art. L KO blijkens de inlassching van het woord ordinaarlijk, dat in Art. XLVII ontbreekt, kennelijk de bedoeling heeft, nevens de mogelijkheid van de bekorting van den gestelden termijn van drie jaar, ook voor overschrijding van dezen termijn ruimte te laten”. (Art. 47 KO bezieht sich auf die Particulieren Synoden und lautet im fraglichen Stück: “alle jaren (tenware dat de nood eenen korteren tijd vereischte) zullen eenige genabuurde classes samenkomen”). Sie führt weiter an, dass keine der nach dem Beschluss der Generalsynode gehaltenen Part. Syn. gegen ihn Einspruch erhoben habe, und dass eine “provisorisch geslotene synode, wanneer zij weder bijeen komt, gewichtige en tot haar competentie behoorende zaken, die in den geordenden weg bij haar worden gebracht, zoo het belang der kerken dit eischt, kan ter hand nemen en afdoen”. Die Professorenberufung aber sei “door het gereedkomen van den voordracht van curatoren, in den wettigen weg bij haar aan de orde . . . gesteld” worden. Vgl. dazu auch Art. 100 und Bijlage XXIX (Rapport van Commissie II over het al dan niet wettig zijn . . .).
2) Vgl. Acta vgz. Gen. Syn. 1939, Art. 780, 4. Siehe oben S. 186.
3) Acta Gen. Syn. 1943, Art. 104, 4 und 5.

|193|

Verpflichtung der Kandidaten darauf als einer der Einheit in der Lehre dienenden Maßnahme fest.1)

Von Schilder erwartete diese Synode, dass er sich nunmehr den gefassten Beschlüssen konformiere und anerkenne, “dat zijn adviezen aan de kerk van Kampen hadden moeten worden nagelaten”.2) Dieser selbst hatte kurz vor dem Eintreffen dieses Beschlusses bei ihm, also mindestens offiziell noch in Unkenntnis desselben,3) die Synode schriftlich um Überprüfung der Lehrbeschlüsse hinsichtlich Gnadenbund und Taufe und Aufhebung der Kandidatenbindung ersucht, weil schon die dogmatische Stellung der reformatorischen Väter im Praeadvies nicht sauber dargestellt sei und die Beschlüsse also auf falschen Voraussetzungen beruhten. Er kritisierte in diesem Brief auch das Zustandekommen der neuen Synode: ihre Einberufung sei vor dem Ende der vorhergehenden erfolgt, ja, diese sei überhaupt nur provisorisch geschlossen worden, wodurch den Kirchen die in der KO geforderte Gelegenheit zu rechtzeitiger Kenntnisnahme der Acten und “bezwaarschriften” vorenthalten worden sei.4) Diese Eingabe aber hat Schilder mit einem Begleitschreiben vom 14. Januar 1944 als Sonderdruck allen “kerkeraden” zugesandt, während er auf den eben erwähnten Beschluss der Synode am 14. Dezember 1943 — seiner Meinung nach


1) Acta Gen. Syn. 1943, Art. 173 (vom 10.9.43).
2) Beschluss vom 11. November 1943, mitgeteilt an Schilder durch Schreiben vom 7.12.43, aufgenommen bei Spronsen, S. 78.
3) Nach der Darstellung bei Spronsen, S. 77, erreichte ihn das Schreiben der Synode am 13. Dezember, als Schilders Brief bereits abgegangen war.
4) Die Acta waren nicht einmal gedruckt, eine Ausgabe der “bezwaarschriften” — zur Kontrolle der Praeadvies notwendig — fehlte überhaupt. — Schilders Schreiben ist in die Acta der Synode nicht aufgenommen.

|194|

abschliessend und als “bloote kennisgeving”1) — mitteilte, dass er die “historisch-getrouwe” Darstellung der Ereignisse und damit die Grundlage des Beschlusses bestreite.2) Eine “nadere verklaring” seinerseits mache er von “eerlijkheid in de probleemstelling, in de weergave der feiten en in het voorstellen daarvan in de officieele correspondentie” abhängig sowie von einer ausdrücklichen Erklärung der Synode, ob die ihm 1942 gestellte Forderung noch aufrecht erhalten werde.3) Man mag daraus bereits die Verwirrung der Lage, zugleich aber auch ihre Versteifung mindestens auf Seiten Schilders erkennen; dass er im Grunde trotz seiner späteren — formal nicht von der Hand zu weisenden4) — Behauptung, er sei “onverhoord geoordeeld” worden,5) zu einer Verhandlung mit der Synode in diesem Zeitpunkt gar nicht mehr gewillt war, zeigt noch deutlicher sein Brief vom 1. Januar 1944, in dem er eine Besprechung über sein Schreiben vom


1) So im Brief an die Commissie der Synode vom 1.1.44, bei Spronsen, S. 79 f.
2) So sei sein Brief vom 31.8.42 an den Sekretär des Kuratoriums wegen der Professorenernennung verschwiegen worden; so habe er sehr wohl bereits durch ein Advies über die von dem neuen Professor zu dozierenden Fächer an der Ausführung der Beschlüsse mitgewirkt.
3) Der Brief bei Spronsen, S. 79 f. Die Synode hatte bereits das Recht ihrer Vorgängerin zu der genannten Forderung bestätigt. Schilder wollte sich zwar ein “Erwarten” gefallen lassen, lehnte aber das “eischen” der Synode nach dem bereits erhobenen Widerspruch seinerseits als versuchten Gewissenszwang ab.
4) Die Synode von 1943 hat den Fall Schilder durch ihren Beschluss vom 11.11.43 abführen wollen, ohne dass sie Schilder nochmals hörte oder ihn zur Äusserung aufforderte. Sie baute auf dem — nicht abgeschlossenen — Verfahren ihrer Vorgängerin weiter, während nach Schilders Meinung eine neue Synode ein neues Verfahren hätte eröffnen müssen.
5) So z.B. bei Spronsen, S. 76 f., bei Greijdanus, Dat ik niemand lichtelijk en onverhoord oordeele; so auch bei L.A. Hartmann, c.s., De schorsing getoetst, S. 5 ff., wo der Synode ausserdem Hast und Übereilung ihres Verfahrens vorgeworfen wird.

|195|

14. Dezember 1943 mit einer Abordnung der Synode abgelehnt.1)

Es ist zu keiner neuen Verhandlung mehr gekommen, weil Schilder auf seiner Auffassung von der mehrfachen Verletzung der KO, kirchlicher und allgemeiner Rechtsgrundsätze — nun auch durch diese neue Synode — beharrte. Die Synode ihrerseits hielt mit dem Schreiben Schilders vom 1. Januar 1944, mit der Versendung des Schreibens om 13. Dezember an die “kerkeraden” im Zusammenhang mit seinem bisherigen Verhalten die Grenze des Tolerierbaren für überschritten und sprach ihn am 25. Februar 1944 in geschlossener Sitzung der “in Art. LXXX KO genoemde zonde van scheurmaking” schuldig, wenn er nicht bis zum 9. März 1944 kategorisch erklärte, sich den Beschlüssen der Sneek/Utrechter Synode in ihrer fortgesetzten Sitzung zu “conformeeren”, nur in Übereinstimmung mit ihren “leeruitspraken” zu lehren und gegen diese “op geenerlei wijze” in den Kirchen zu agieren, sowie anerkenne, dass seine “adviezen” an Kampen “hadden moeten zijn nagelaten”; dabei solle ihm die Beschwerde bei der folgenden Synode selbstverständlich freistehen.2) Schilder hat alle diese Fragen nach breiter Begründung verneint.3) Nach einer letzten ergebnislosen Zusammenkunft


1) In dem Brief — bei Spronsen, S. 82 ff. — erklärt Schilder, dass er nicht dazu beizutragen gedenke, dass diese Synode wiederum “allures van een bestuursinstantie voor een langdurig tijdperk” annehme, indem sie ihre Verhandlungen in das neue Jahr ausdehne. Es heisst dann auch: “De vergadering van Sneek/Utrecht heb ik aangeboden (21 Mei 1943) alle bezwaren te laten vervallen, indien bij voorbaat werd vastgesteld, de gewisselde correspondentie te publiceeren. Er is niet op geantwoord, door haar niet en door Uw Synode evenmin. Nu ik weer opneming van mijn korte antwoord in de Acta van Uw vergadering verlang in geval haar brief daarin een plaats inneemt, komt er een verzoek tot samenspreking. Waarom? Uw synode heeft gesproken, ik deed het ook voorzoover Uw synode dit noodig maakte. Doet wat U recht acht te zijn voor God; ik tracht het ook te doen; en wat er verder zal geschieden, zal Uw synode niet interesseeren . . .”.
2) Vgl. Acta Gen. Syn. 1943/45, Art. 392.
3) Briefe Schilders vom 8. und 9. März 1944, in der Beilage zum Art. 392 der Acta. Auch veröffentlicht bei Greijdanus, Dat ik niemand lichtelijk en onverhoord oordeele . . .

|196|

einiger Deputaten der Synode mit ihm beschloss diese am 23. März 1944, ihm keine Gelegenheit mehr “tot nader verweer” zu geben und suspendierte ihn wegen “scheurmaking” auf Grund der Artt. 79 und 80 KO von seinen Ämtern als Professor an der Theol. Hoogeschool und als “emeritus-dienaar des Woords” der Gereformeerde kerk von Rotterdam-Delfshaven, um ihm noch Gelegenheit zur Besinnung und zur zustimmenden Beantwortung der gestellten Fragen zu geben.1)

Über diese “schorsing” ist erhebliche Unruhe in den Kirchen entstanden, welche durch die Undurchsichtigkeit der Verhandlungen, durch die Einseitigkeit der Berichterstattung und durch die im Grunde offengebliebenen kirchenrechtlichen Streitfragen noch verstärkt wurde.2)


1) Vgl. Acta Gen. Syn. 1943/45, Art. 392. Die Begründung lautet: “. . . overwegende:
1. dat prof. Schilder in een schrijven van Oct. 1942 aan den kerkeraad van Kampen o.m. geadviseerd heeft, dat deze het door de synode beslotene overeenkomstig art. XXXI KO niet voor vast en bondig besluit zou houden;
2. dat hij niet voldaan heeft aan de door de synode van Utrecht uitgesproken verwachting, te erkennen, dat zijn adviezen aan de kerk van Kampen hadden moeten worden nagelaten;
3. dat hij zich, ook zelfs na herhaalde oproeping, onttrokken heeft aan de behandeling van de dusgenaamde meeningsverschillen in de zittingen van de synode van Sneek/Utrecht, in Mei/Juni 1942;
4. dat hij tegen de leeruitspraken dier synode geen gravamen of andere bezwaren bij deze synode ingediend heeft, en thans deze leeruitspraken, hoewel de synode die tegen door anderen ingebrachte gravamina bevestigd en gehandhaafd heeft, openlijk bestrijdt;
5. dat hij de kerken opwekt, de binding aan die leeruitspraken niet te aanvaarden, als ook in strijd met de beslissing van de synode van Sneek/Utrecht, dat de classes zich bij de examina vergewissen moeten van de instemming der kandidaten met de leeruitspraken, te handelen;
6. dat hij geweigerd heeft zijn leedwezen over de door hem aangenomen houding uit te spreken, . . . .en dat hij alzoo volhardt in de door hem aangenomen houding tegenover de Synode als wettige vergadering van de gereformeerde kerken . . .”.
2) Die “bezwaarden” haben darauf hingewiesen, dass die Synode noch nicht über den Rapport ihres Ausschusses für die “bevoegdheid der meerdere vergaderingen” entschieden hatte. Vgl. oben S. 182 Fussn. 1; Acta Gen. Syn. 1939, Artt. 183, 319.

|197|

Gleichwohl hat die Synode, nachdem sie bereits die Kirchen vor der durch Schilder ins Leben gerufenen “georganiseerden actie tegen de wettige synode der kerken” dringend gewarnt und den dabei vertretenen kirchenrechtlichen Standpunkt scharf verurteilt hatte,1) und nachdem sie am 23. Juni in der Hoffnung auf Annäherung Schilders die dreimonatige “schorsing” um einen Monat verlängert hatte,2) dem von verschiedenen Seiten ausgesprochenen Verlangen, diese aufzuheben, nicht stattgegeben.3) Als Schilder Abgeordneten der Synode gegenüber auch am 31. Juli 1944 erklärte, “dat toenadering slechts mogelijk


1) Z.B. im Rundschreiben der Synode vom 25. Februar 1944, Acta Gen. Syn. 1943/45, Art. 341, Bijlage LXIV, und im Rundschreiben vom 10. Juni 1944, Acta 1943/45, Art. 435, Bijlage LXXIV. Ausserdem auch verschiedentlich in Pressemitteilungen.
2) Vgl. Acta Gen. Syn. 1943/45, Art. 459.
3) Vgl. Acta Gen. Syn. 1943/45, Artt. 489 und 494. Vgl. auch den — als Broschüre erschienenen — “Rapport inzake de verlangde opheffing . . .”, in dem zunächst die Auffassung abgewiesen wird, als handele es sich bei Schilder und der Synode einfach um zwei Parteien (S. 7). Der Synode sei der Beweis für die Schrift- oder KO-Widrigkeit ihrer Beschlüsse bis heute nicht erbracht. Die Tatsache, dass jemand um Revision nachsuchen wolle, mache “het betwiste besluit niet ongeldig, en geeft den bezwaarden niet het recht, het als ongeldig te behandelen”. (S. 20) Es handele sich in dieser Angelegenheit gar nicht um eine Frage des persönlichen Prestiges der Synode, wie ein Bruder meinte, der fordere “om toch met de zaak op te houden en om te trachten te redden, wat er nog te redden valt”, sondern “om een kwestie van orde in de kerk van Christus. In geding is het gezag, dat aan de kerkelijke vergaderingen, die in gebondenheid aan Gods Woord en uit naam van Christus de kerk regeeren moeten, ook blijkens art. 36 KO toekomt” (S. 33). Auch die “overweging eener dreigende scheuring” könne nicht Anlass geben, “een na ernstig beraad en op goede gronden genomen beslissing te herroepen” (S. 35).

|198|

is bij opheffing der schorsing”,1) entschloss sich die Synode am 3. August 1944, ihn seiner Ämter endgültig zu entheben.2) Einige Tage zuvor bereits war auch Greijdanus “geschorst” worden.3)

Für Schilder selbst und seine Anhänger bedeutete dieser Beschluss das Zeichen zur Separation, d.h. in ihrer Sicht zur “vrijmaking der kerken” vom “synodalen Joch” und zur Wiederherstellung der nach ihrer Auffassung geschändeten Ordnung der Kirchen, zur “wederkeer” zum “accoord van kerkelijke gemeenschap”. Die dazu verfasste “Acte van Vrijmaking of Wederkeer” wurde erstmalig am 11. August 1944 auf einer Versammlung in Den Haag von Schilder selbst verlesen, der bis dahin auf Grund — unveränderter — äusserer Umstände nicht zu Synodesitzungen hatte kommen können.


1) Vgl. Acta Gen. Syn. 1943/45, Art. 514.
2) Vgl. Acta Gen. Syn. 1943/45, Art. 526. Die Begründung lautet: “de generale synode, in haar vergadering van 3 Augustus 1944 kennis genomen hebbende van de brieven van 1, 20 en 22 Juli 1944, welke door prof. Dr. K. Schilder gericht zijn aan haar moderamen, alsmede van het korte resumé van de op 31 Juli 1944 gehouden samenspreking met prof. Schilder, waarin onder meer staat opgenomen diens verklaring, dat toenadering slechts mogelijk is bij opheffing der schorsing, terwijl, zoolang de publieke beschuldiging gehandhaafd blijft, zijn verweer daartegen noodzakelijk en aan de orde zal blijven,
overwegende, dat prof. Schilder gedurende den tijd van zijn schorsing op grond van zijn houding tegenover de synode als wettige vergadering van de gereformeerde kerken . . . geenerlei blijk van toenadering en boetvaardigheid aan den dag gelegd noch ook zijn afwijking beleden heeft, ondanks het ernstig vermaan, dat daartoe tot hem is uitgegaan, en dat hij in tegendeel volhardt in zijn zondige houding, besluit . . .”. 6 Praeadviseurs und 38 Synodale stimmten für diesen Beschluss, 6 Synodale — teilweise unter namentlicher Erklärung in den Akten — dagegen.
3) Vgl. Acta Gen. Syn. 1943/45, Art. 518 vom 26. Juli 1944. G. habe sich durch “bestrijding van de leeruitspraken” und “voortgaande onwilligheid om zich aan de beslissingen der meeste kerkelijke vergadering te onderwerpen” des “aanrichtens van scheuring en tweedracht in de kerken” und der “herhaaldelijke overtreding van het 5. en 9. gebod” schuldig gemacht. 1945 wurde er nach seiner Beteiligung an der “Vrijmaking” seiner Ämter verlustig erklärt; Art. 630.

|199|

Man muss bedenken, dass in diesen Monaten die Besetzung der Niederlande durch alliierte Truppen begann und dass im Laufe des folgenden Winters sich die Frontlinien durch das Land hinschoben, so dass auch die Generalsynode nach ihrer Sitzung vom 1. September 1944 erst am 8. August 1945 wieder zusammentreten konnte. Sie sah sich damals einer bereits vollzogenen und noch stets weiter um sich greifenden Kirchenspaltung gegenüber und beschloss, zur Behandlung der zahlreichen Beschwerden eine “buitengewone synode” für April 1946 einzuberufen.1) Diese bestätigte jedoch erneut die Verbindlichkeit der Lehrentscheidungen von 1942 und die Handlungen der Synoden von 1936, 1939/43 und 1943/45, wenngleich sie die Verlängerung der Sitzungsperiode von 1942 auf 1943 als “uiterste exceptie” und die Methode der “provisioneele sluiting” als “niet gewenscht . . . anders dan in bijzondere omstandigheden” bezeichnete.2)

Die Anhänger Schilders hatten inzwischen ihre Gemeinden bereits konsolidiert; teilweise waren die Presbyterien geschlossen — nach den in der Doleanz aufgestellten Regeln! — mit den Gemeinden aus dem “kerkverband” ausgeschieden, teilweise hatten sich Minderheiten in den Gemeinden — ebenfalls nach den Regeln der Doleanz — von dem ihrer Auffassung unzugänglichen “kerkeraad” getrennt und als die wahre Fortsetzung der “gereformeerden kerk ter plaatse” die Instituierung neuer Gemeinden in die Hand genommen. Der ordentlichen Generalsynode im Herbst 1946 stand bereits eine andere gegenüber, welche auf den gleichen Namen “Generale Synode van de gereformeerde kerken in Nederland” Anspruch erhob und sich als einzig legitimen Träger dieses Namens betrachtete.3)


1) Vgl. Acta Gen. Syn. 1943/45, Art. 629.
2) Vgl. Acta bgw. Gen. Syn. 1946, Artt. 196, 220, 229.
3) Den Zusatz “onderhoudende Art. 31 KO” nahm sie, wie auch die Gemeinden, lediglich aus postalischen Gründen an, wenn er auch gleichzeitig den Grund der Separation bezeichnet.

|200|

Ohne Zweifel hat diese Separation wesentlich stärker die Substanz der Gereformeerden angegriffen als die Geelkerkens; etwa 10 Prozent der Glieder der Kirchen schlossen sich den neuen kirchlichen Institutionen an, fast 20 Prozent der Prediger traten auf Schilders Seite.1)

Die besonders von dem alten Kirchenverband rasch und in verstärktem Maße betriebenen Versuche, zu einer Wiedervereinigung der getrennten Gruppen zu kommen, sind trotz andauernder Verhandlungen zwischen Deputaten der beiden Generalsynoden bis heute gescheitert; gewiss nicht nur aus der sachlichen Unmöglichkeit eines Übereinkommens.2) Nach den Bemühungen der Synode von 1949/50 sind eine Reihe von Predigern und Gliedern aus dem “vrijgemaakten” Lager wieder in den alten Kirchenverband zurückgekehrt, nachdem dieser die besondere Verpflichtung der Kandidaten zurückgenommen hatte und dogmatisch wie kirchenrechtliche eine Annäherung erzielt war. Wenn die Spaltung der Kirche heute fortdauert und auch allem Anschein nach einstweilen nicht rückgängig zu machen ist, so sind hier eine Menge unverrechenbarer Faktoren im Spiele. Manche Äusserungen, die von “vrijgemaakten” Kanseln auch heute noch und sogar verstärkt fallen, lassen an der Möglichkeit eines brüderlichen Gespräches ernsthaft zweifeln.3)


1) Nach Delleman, Kerken in Nederland, gehörten 1947 zu dem neuen Verband 88 440 Taufglieder gegenüber 674 449 des alten Verbandes (S. 122). 1949 hatte sich die Zahl sogar auf 92 446 (gegen 660 568) erhöht, was auf weitere Übergänge schliessen lässt. Die Zahl der Prediger betrug zur gleichen Zeit 189 bei den “vrijgemaakten” gegenüber 789 des alten Verbandes (S. 58, 35).
2) Man braucht, um einen Einblick zu gewinnen, nur einmal den als Broschüre gedruckten “Rapport inzake voorgeslagen samenspreking met Deputaten der Synode Duursema”, von K. Schilder der Generalsynode der “vrijgemaakten” Kirchen im Mai 1946 erstattet, zu lesen. Er ist voll von Vorbehalten, Verdächtigungen, Empfindlichkeiten und exklusivem Selbstbewusstsein.
3) Man ist stellenweise bereits so weit gegangen, die “Synodalen” nicht mehr als Kirche anzuerkennen und die Gültigkeit der bei ihnen vollzogenen Sakramente zu bestreiten, und man hat den in den Niederlanden begonnenen Streit auch in die verwandten amerikanischen Kirchen (Christian Reformed Church) hinübergetragen.

|201|

Exkurs I: Die dogmatische Frage.

Die strittigen dogmatischen Fragen waren die Lehre von der Taufe, von der Wiedergeburt und vom Gnadenbund. Die Entscheidung der Synode von 1942 über “genadeverbond en zelfonderzoek” lautete:

a. Aangaande het genadeverbond:
1º dat het genadeverbond van zulk een fundamenteele beteekenis voor het geloofsleven is, dat zoowel de prediking als elke andere arbeid der kerk ervan behoort uit te gaan, en dat iedere voorstelling en praktijk moet gemeden, die aan de beteekenis van Gods verbond te kort zou doen;
2º dat de Heere in de belofte des verbonds ongetwijfeld toezegt de God niet alleen van de geloovigen, maar ook van hun zaad te zijn (Gen. 17: 7); doch in Zijn Woord ons niet minder openbaart, dat zij niet allen Israël zijn, die uit Israël zijn (Rom. 9: 6);
3º dat daarom — overeenkomstig hetgeen de synode van Utrecht 1905 (Acta art. 158) uitgesproken heeft — „het zaad des verbonds krachtens de belofte Gods te houden is voor wedergeboren en in Christus geheiligd, totdat bij het opwassen uit hun wandel of leer het tegendeel blijkt”; al heeft de synode daaraan ook terecht toegevoegd, dat dit „geenszins zeggen wil, dat daarom elk kind waarlijk wedergeboren zou zijn”;
4º dat de kerk ook haar ten avondmaal toegelaten leden naar ditzelfde oordeel der liefde heeft te laten beschouwen en te behandelen;
5º dat het met de waarachtigheid Gods strijdt, zulk een tweeheid in de Schrift aan te nemen, dat zij aangaande dezelfde zaak ja en neen zegt en eenerzijds de volharding der heiligen leert, anderzijds dat wedergeborenen kunnen afvallen en verloren gaan;
6º dat men niet minder feil gaat door een valsche tegenstelling te maken tusschen een eeuwig verbond en een verbondsbedeeling in den tijd; en door de spreekwijze der Schrift, om de leden der kerk in het gemeen geloovigen te noemen, aldus op te vatten, dat alle kerkleden geloovigen zijn, maar dan „geloovigen in den tijd” en daarom nog niet „in den Raad Gods”; wat in strijd is met de Schrift, die de leden der kerk in het gemeen evenzeer aanspreekt als „uitverkorenen naar de voorkennis van God den Vader” (1 Petr. 1: 2, vgl. Col. 3: 12; Efeze 1: 4-5).

b. Aangaande het zelfonderzoek:
1º dat onder meer de bediening van de sleutelmacht, die Christus aan Zijn kerk heeft toebetrouwd, eischt, dat in het midden der gemeente tot een ieder uitga de ernstige vermaning tot zelfonderzoek ook aangaande de vraag of hij waarlijk in den Christus Gods gelooft (Heidelb. Catech. antw. 84);

|202|

2º dat dit zelfonderzoek ongetwijfeld in het verbond der genade zijn uitgangspunt behoort te nemen, maar daarom door den doop niet minder noodzakelijk gemaakt wordt, aangezien niet ieder gedoopte het ware geloof bezit;
3º dat de vermaning tot zelfonderzoek niet in strijd is met den oproep tot geloof en bekeering, maar veeleer als een onderdeel daarvan is te beschouwen, en daarom nooit naar den achtergrond mag dringen de vermaning, om zijn vertrouwen alleen te stellen op de offerande van Jezus Christus aan het kruis, waarheen Woord en Sacrament ons geloof als op den eenigen grond onzer zaligheid wijzen (Heid. Catech. antw. 67) en dat de sterking des geloofs door de werking des Heiligen Geestes het allereerst hiervan te verwachten is;
4º dat dit echter niet uitsluit, dat de christen van zijn geloof ook wordt verzekerd uit de werken (Heidelb. Catech. antw. 86) en in het algemeen uit het waarnemen van de kenmerken der genade, die door Woord en Geest in hm worden gewerkt (Dordtsche Leerregels I 12; V 10).”1)

Zunächst deutet die so eingehende Behandlung dieser Fragen, die das Verhältnis von Bundeszugehörigkeit und Zugehörigkeit zur Kirche als dem Volke Gottes, als der Gemeinschaft der Gläubigen zu bestimmen und abzugrenzen versuchen, darauf hin, dass auch die Freikirche nunmehr in eine ähnliche Problematik geraten war, wie sie etwa Kromsigt in der Hervormden Kerk schon Jahrzehnte früher sich aufgegeben sah.2) Es ist die Frage der Bedeutung der Generationenfolge im Blick auf die Verheissung Gottes und die personelle Zugehörigkeit zur Kirche, die Frage von Blut und Geist, die sich für das Volk Gottes immer neu stellt. Und sie ist insofern allerdings von eminentem Gewicht für die Ekklesiologie.

Die Beschlüsse zum “zelfonderzoek” zielen offensichtlich darauf ab, einer falschen und gleichgültig werdenden Sicherheit zu wehren, die sich bei dem einmal Geschehenen beruhigt, und dieser den Anstoss zu der je neuen Prüfung und Hinwendung zu dem ausserhalb eigener Qualität liegenden Fundament des Glaubens, Jesus


1) Acta voortgez. Gen. Syn. 1939, Art. 682.
2) Vgl. dazu die Ausführungen weiter oben im 3. Kapitel.

|203|

Christus zu geben.1) Zwei Anhaltspunkte fallen indessen auf: 1. Der an dieses “zelfonderzoek” Herantretende innerhalb der Kirche steht in jedem Falle bereits auf einem ihm von Gott — und zwar unwiderruflich — gegebenen Fundament: Er gehört dank seiner gläubigen Vorfahren dem Gnadenbund an.2) 2. Er kann das Ergebnis solcher Selbstprüfung abgesehen von der Antwort des Heiligen Geistes in seinen Herzen auch erkennen an der Beobachtung seiner Werke, sofern sich ihm in diesen nämlich Wirkungen der Gnade kundtun.3) Indessen, über diesen zweiten Punkt der Erklärung scheint Einhelligkeit bestanden zu haben.

Zum Gegenstand der Auseinandersetzung wurden die unter a) zusammengefassten Aussagen über den Gnadenbund, dessen fundamentaler Charakter für Glaubensleben, Predigt und Kirche sich daraus erklärt, dass nach gereformeerder Auffassung die Kirche sich — in einem christlichen Lande — nahezu ausschliesslich in der Linie des “verbondes” rekrutiert. Der Kreis des Bundes ist aber weiter als der der Kirche. Erst Bekehrung, Wiedergeburt und Bekenntnis machen aus dem Kind des Bundes das gläubige Glied der Kirche. Wer die auch ihm angebotene “verbondsbelofte” “ongeloovig en ongehoorzaam verwerpt”, ist “in den vollen, schrikkelijken zin een verbondsbreker”.4)

Der Grund für die Auseinandersetzung liegt nun eigentlich in dem Punkt a), 3 der Erklärung; die Gegner wandten sich folgerichtig in ihrer Argumentation auch gegen den alten Beschluss von 1905.5) Bestritten wird die Lehre von der sogenannten “veronderstelden wedergeboorte”. Die Synode hatte es (vgl. Punkt a), 4), als


1) Vgl. den oben zitierten Beschluss (Art. 682), Punkte b), 1 und 3.
2) In der zitierten Entscheidung, Punkt b), 2 im Zusammenhang mit b) 1, und a), 1.
3) Ebenda, Punkt b), 4.
4) So bei Greijdanus, Snelle afloop . . . .
5) So die “Verklaring van gevoelen”, so auch Greijdanus in seiner Broschüre “De Verklaring der Synode van 1905 . . .” und in “Snelle afloop als der wateren . . .”

|204|

ein gebotenes Urteil der Liebe bezeichnet, alle Kinder des “verbonds” für wiedergeboren zu halten.1) Die “bezwaarden” sahen darin die Festsetzung eines neuen, zusätzlichen Grundes für die Taufe, für den die Schrift keinen Anhalt bietet.2) Die “bezwaarden” betrachteten die Taufe als das — durch die Kirche instrumental bediente — Sakrament des Bundes, als die neutestamentliche Form der Beschneidung, aber mit allen für diese geltenden Bestimmungen zu vollziehen an den Kindern der Gläubigen, unabhängig vom persönlich vorhandenen oder zu erwartenden Glauben, allein kraft “Gods souvereine wilsbepaling over hen met de verplichting tot geloof”.3) Die Wiedergeburt braucht und kann dabei nicht — auch nicht hypothetisch — vorausgesetzt werden, weil sie in Gottes “vrijmacht” steht, auch ihrem Zeitpunkt nach. Die Entscheidung der Synode sei also nicht auf die Schrift gegründet, spekulativ, eine “godonteerende stelling”,


1) Die Tauflehre der Synode stützt sich auf Tit. 3, 5 und Act. 22, 16, wo “wedergeboorte en afwassching der zonden . . . voor(komen) als gaven, die aan den doopeling zijn geschonken”, sodass nicht bloss das allgemeine Gnadenangebot, “eene conditioneele belofte verzegeld” wird, sondern — nach Antwort 89 H.K. — die Taufe “voor den (immers als geloovig beschouwden) doopeling de bevestiging van de Goddelijke verzekering, dat hij het heil heeft ontvangen”, ist. (Praeadvies, S. 4 f., 11). Antwort 70 und 74 H.K. wiesen sie aus als “verzekering van een genade, die bij den doop als aanwezig wordt verondersteld” (Praeadvies, S. 12).
Das Praeadvies konnte sich dabei auf die Dordrechter Canones, I, 17 berufen, obgleich dort keine Verbindung zur Taufe gezogen ist. Diese Verbindung ist indessen wohl gegeben im Art. 34 N.Gl.B. Über die Richtigkeit oder den Irrtum dieser Lehre ist hier nicht zu urteilen.
2) Vgl. Post, Kerkrecht en Eerherstel, S. 2 ff.; Greijdanus, Snelle afloop . . .
3) “Niet omdat zij geloovigen waren of door ons verondersteld werden dat te wezen, noch . . . in de hoedanigheid van geloovigen, maar met de roeping en verplichting tot en de bevoorrechting van te mogen gelooven . . .” würden die Kinder getauft. Greijdanus, De verklaring der synode van 1905. Ähnlich auch in der “Verklaring van gevoelen” und der “Acte van Vrijmaking”.

|205|

und könne nicht die Gewissen binden.1) Die in der Taufe versiegelte Heilszusage Gottes komme allen Kindern gläubiger Eltern als zum Bunde gehörig unterschiedslos zu, gleichgültig, wie sie sich später ihr gegenüber verhalten.2) Die Interpretation der Synode müsse im Effekt jeden zweifeln lassen, ob er nun wirklich die volle Taufe empfangen habe.

Die Synode hingegen sieht in diesem Kreis “niet meer dan het verbond naar zijn uitwendige zijde, terwijl de broeders dit het verbond noemen en het diepere, dat daar achter ligt en alleen van de uitverkorenen geldt, en dat voor ons de kern van het verbond is, uit de verbondsleer uitschakelen”.3) Der objektive, in “Gods Woord en daad” liegende Grund des Glaubens sei weder die Taufe noch die Abstammung von gläubigen Eltern, sondern “het verbond zelf . . . Christus de Middelaar en inhoud van het verbond” . . .4) Gegenüber den vielen Angriffen auf ihre Entscheidungen hat die Synode von 1943 “ten volle” anerkannt, dass “in de leer des verbonds” sowohl “Gods vrijmachtige verkiezing . . . en de onwankelbare vastheid van het eeuwige verbond der genade en verzoening” als auch “de roeping tot geloof en bekeering, die in den kring des verbonds uitgaat met een


1) Vgl. “Acte van Vrijmaking”, II (übernommen aus den Beschlüssen von 1905!): Gottes Wort “doet aangaande de wijze, waarop de wedergeboorte bij de uitverkorene kinderen geschiedt, evenmin uitspraak als onze belijdenis”. Vgl. auch Verklaring van gevoelen, und Post, Kerkrecht en Eerherstel, S. 2.
2) Verklaring van gevoelen, als Ablehnung des im Praeadvies enthaltenen Satzes (S. 38): “dat de belofte, althans wanneer ze naar haar volle zin wordt genomen, niet alle kinderen van geloovige ouders omvat”, der die Entscheidung über die spätere Erfüllung der Bundeszusage ersichtlich von dem Verhalten des Getauften abhängig machen will.
3) Diese doppelte Bundeslehre (Praeadvies, S. 25) war übrigens von A. Kuyper ausdrücklich abgelehnt worden: “Er is niet een inwendig en uitwendig genadeverbond. De onderstelling van een uitwendig genadeverbond is alleen opgekomen ter handhaving van de volkskerk”. Locus de Foedere, § 8, S. 134. Sollte dieser Zusammenhang auch hier bestanden haben?
4) Vgl. Praeadvies van Commissie I, S. 26.

|206|

geheel eigen klem en niet slechts sommigen, maar allen kinderen der geloovigen als kinderen des verbonds” den Reichtum ihres Vorrechtes und ihre Verantwortung vorhält, zu ihrem Recht kommen müssten.1) Sie ist damit den “bezwaarden” weit entgegenkommen, und man fragt sich wirklich, ob man bei gutem Willen nicht zu einer wirklichen Einigung hätte kommen können.

 

Exkurs II: Die “Acte van Vrijmaking of Wederkeer” und die Doleanz.

Halten wir uns noch einmal vor Auge, was in den Tagen der Doleanz unter der Initiative A. Kuypers vorbereitet, in der “Conferentie van gecommitteerde kerkeraadsleden” fixiert und dann in den Gemeinden mit orthodox-gereformeerden Gliedern in die Tat umgesetzt worden war, nämlich die Deklaration der Hervormden Kerk als falsche Kirche, die Verurteilung vor allem ihrer Form des Kirchenregimentes, der Rückgriff auf die Presbyterien und besonders auf das “ambt der geloovigen” und die Inanspruchnahme der legitimen Nachfolge der alten Kirche kraft der personalen Qualität der “gereformeerden belijders”, so drängt sich unwillkürlich ein Vergleich jener grossen Bewegung mit der Separation Schilders auf.

Die “Acte van Vrijmaking of Wederkeer”, in ihrer Benennung wahrscheinlich bewusst die Erinnerung an den Auszug Hendrik de Cocks aus der Hervormden Kerk im Jahre 1834 wachrufend, ist auch in ihrer Adresse der alten “Afscheiding” verwandter als den bewusst zunächst die örtlichen Presbyterien ansprechenden Beschlüsse der “Doleerenden”: ihre Unterzeichner wenden sich an “onze medegeloovigen (en medeopzieners)”. Sie nimmt ihren Ausgang vom “ambt der geloovigen”, nicht vom besonderen Amt des “kerkeraads”, obgleich auch seine Glieder — dann allerdings primär als “medegeloovigen” — eingeschlossen sind. Sie ruft diese, nachdem sie im Abschnitt III, A einen Aufriss der rechten Regierung der Kirche


1) Vgl. Schrijven aan de Gereformeerde kerken, d.d. 11.11.1943; Acta Gen. Syn. 1943/45, Art. 256, Bijlage LV.

|207|

nach dem N.Gl.B. gegeben hat, im Abschnitt III, B “overeenkomstig de artikelen 7, 28, 30 en 32 der Nederlandsche Geloofsbelijdenis en de artikelen 31 en 85 der kerkenordening, en naar luid van de beloften, afgelegd bij onze geloofsbelijdenis of ook van onze bevestiging in eenig bijzonder kerkelijk ambt” auf, als “daad van gehoorzaamheid aan het Woord Gods . . . onder erkenning van eigen schuld en zonde en deswege vergeving inroepende . . .
1º, uit te spreken, . . . .
ten eerste, dat wij door de bevestigde en afgesloten handelingen der Generale Synode van de Gereformeerde Kerken in Nederland in den jare 1943-1944 zoowel voor de gezamenlijke kerken als met name ook voor ons zelf de gemeenschap van Woord en Sacrament verbroken zien, wijl de oefening dier gemeenschap niet te verbinden is met het buigen van den hals onder het juk, door deze synode opgelegd;1)
ten tweede, dat wij vanwege de Goddelijke roeping tot herstel der gebroken gemeenschap thans moeten komen tot afwerping van dit juk, dat is, tot de weigering om hetzij met het woord, hetzij met de daad, hare besluiten voor vast en bondig te houden; en
2º, te besluiten . . . .
. . . de door of namens deze synode geschorste of ontzette ambtsdragers te erkennen en wederom te ontvangen als wettige ambtsdragers in Gods kerk . . .”.2)
Diese “Acte van Vrijmaking of Wederkeer” sollte insbesondere dem örtlichen zuständigen “kerkeraad” zur Kenntnis gebracht werden, damit er es den “bezwaarden” “door afwerping van gezegd juk” möglich mache, sich “onder zijn opzicht te blijven stellen”. Nur so könnten die “uiteengescheurde en geknechte geloovigen” wieder versammelt und befreit werden.

Von den zitierten Artikeln des N.Gl.B. beziehen sich drei auf die Ordnung der Kirche.3) Mit ihnen und mit den beiden Artikeln 31 und 85 der KO4) wenden sich die Initiatoren gegen die durch die Synode geübte “hierarchische


1) Mit diesem Joch sind die verbindlichen Lehrentscheidungen gemeint.
2) Die Synode selbst hatte nur gegen Schilder und Greijdanus verhandelt. Jedoch waren durch die Classen einige weitere Urteile ausgesprochen und Kandidaten nicht zugelassen worden.
3) Nämlich die Artt. 28, 30 und 32.
4) Art. 31 der KO, siehe unten, S. 288. Art. 85 ist der alte, aus der französischen “discipline” übernommene Satz: “Geene Kerk zal over andere Kerken, geen Dienaar over andere Dienaren, geen Ouderling of Diaken over andere Ouderlingen of Diakenen eenige heerschappij voeren”.

|208|

overheersching”.1) Dagegen richtet man sich mit dem Art. 7 N.Gl.B. gegen die Verbindlicherklärung des in der Schrift nicht fundierten Lehrbeschlüsses über Taufe und Wiedergeburt, welcher den dogmatischen Anlass zur Separation bot; die Synode habe ihr eigenes, menschliches Wort gleichgestellt mit den heiligen, göttlichen Schriften oder gar diesen übergeordnet.

Dieser Zusammenhang wird deutlich im Teil II, B der Acte, wo es heisst: “En overmits deze synode . . . de gewetens gebonden heeft, in dier voege zelfs, dat zij aan de instemming met deze gezamenlijke uitspraken (gemeint sind die Lehrentscheidungen, L.C.) den ambtelijken dienst des Woords gebonden, en de toelating tot dezen van zoodanige instemming afhankelijk gesteld heeft . . . ja, wegens scheurmaking vervolgt, uitwerpt en beveelt uit te werpen, ook dezulken, die in leer en belijdenis met Gods Woord in volle overeenstemming zijn, en zich gebonden achten aan die leer en belijdenis, welke in onze vrijgemaakte en tezamen gekomen kerken . . . tot accoord van kerkelijke en ambtelijke samenleving zijn aangenomen, — zoo besluiten wij ons vrij te maken van alle onrechtmatige en ongoddelijke schorsingen en ontzettingen uit den dienst”. Denn das “synodaal-hierarchische” und “theologisch-wetenschappelijke juk” sei nicht das Joch Christi und des Wortes Gottes, wie es “beleden is in de formulieren van eenigheid, tevoren door deze kerken aanvaard, en daarin alleen . . .”.
Man wolle “gemeenschap . . . onderhouden . . . met alle geloovigen, waar ook de Zone Gods dezulken vergadert of immer wederom zal willen vergaderen, allen, die met vermijding van het door deze kerken thans betredene ongoddelijke pad der sectarische, onkatholieke eigenwilligheid en afzondering, met ons bereid zullen bevonden worden te willen staan of te gaan staan op den grondslag alleen der aangenomen formulieren van eenigheid. Wij . . . keeren alzoo terug tot de oefening van de katholieke christelijke kerk- en ambtsgemeenschap, welke aan de aangenomen formulieren der in deze landen ooit vergaderde kerken evenmin toedoet als zij er van afdoet”.


1) Greijdanus hatte das Urteil der Synode gegen Schilder als “duidelijke openbaring van de kerkelijke hierarchie en het synodale opperbestuur” bezeichnet, wodurch “de verlossing van het synodale juk in 1886 voor onze kerken weer ongedaan is gemaakt”, und behauptet, es gehe in dem ganzen Verfahren “om de hoogheid der synode en om de hoogheid der heeren, die haar samenstellen . . .”. De Schorsing van Prof. Dr. K. Schilder, S. 3 und 15.

|209|

Die letzten Sätze sind besonders aufschlussreich, zeigen sie doch deutlich die introvertierte, restaurative Konzentration auf das statutarisch gefasste und nun gar mit der Schrift selber identifizierte Bekenntnis, die im Effekt zu nichts anderem als eben dessen Verleugnung führt. Oder wie kann es eine Wiederkehr zur “katholieken kerk- en ambtsgemeenschap” geben, die dem Niederländischen Bekenntnis von 1561 — und noch obendrein der Dordrechter Kirchenordnung! — in ihren damaligen Formulierungen einen solchen Ausschliesslichkeitscharakter zuschreibt, wie er — gerade auch nach diesem Bekenntnis! — dem Wort Gottes allein zukommt?1) Dass aber dieser gefährliche Weg beschritten ist, bringt die Erläuterung von “alle geloovigen” durch “allen, die . . . met ons bereid zullen bevonden worden . . . te gaan staan alleen op den grondslag der aangenomen formulieren van eenigheid” in nahezu vollendeter Klarheit an den Tag.

Es kommt hinzu, dass keiner der Beteiligten — auch Greijdanus nicht — vor 1942 die Schriftwidrigkeit der Erklärung von 1905 behauptet hatte, mit der die Interpretation von 1942 sachlich genau übereinstimmt, und über die sie in keinem wesentlichen Punkte hinausgeht. Nun aber mussten diese — an sich gewiss nicht unanfechtbaren — Sätze als dogmatischer Grund zur Separation dienen. Der eigentliche Anlass zu der Spaltung dürfte denn auch neben der persönlichen Spannungen in der unverkennbar independentischen Tendenz der “Vrijgemaakten” liegen, die sich in ihrer Auslegung des Art. 31 der KO bekundet, wie wir sogleich noch sehen werden.


1) Das Verbot des “toedoen” und “afdoen” ist in Art. 7 N.Gl.B. ausdrücklich unter Bezugnahme auf Deut. 4, 2; 12, 32; 30, 6 und Apok. 22, 19 auf das Wort Gottes bezogen, damit aber offenbar nicht auf ein Bekenntnis. Denn unmittelbar darauf folgt: “Men mag ook geener menschen schriften, hoe heilig zij geweest zijn, gelijk stellen met de Goddelijke Schrifturen”.

|210|

Gewiss hat die Doleanz die für die Kirche so verhängnisvolle Idee des Zusammenschlusses auf der Basis fixierter “Formulieren van eenigheid” auf ihren Schild erhoben. Aber sie hatte in Wirklichkeit doch ein tieferes Fundament in der Erweckung und dem Willen zur Befreiung der Kirche vom Liberalismus. Sie kam bewusst vom Wort her, wenn sich auch manches daneben eingeschlichen hat. Auch sie war auf die Ordnung gerichtet. Die Schildersche Separation aber nahm ihren Ausgang von formalen Fragen der Ordnung, denen sie das Gewicht von fundamentalen Fragen des Glaubens und der Lehre beimaß, und so gilt für sie im Hinblick auf Wesen und Auftrag der Kirche, was Schilder in ganz anderem Zusammenhang schrieb:1) Sie kehrte “de kerkelijke grondverhouding ondersteboven”.

 

III. Die kirchenrechtlichen Streitfragen.

 

Die Suspendierung und schliessliche Absetzung Schilders sind im wesentlichen aus kirchenrechtlichen Gründen erfolgt,2) und auch die “Acte van Vrijmaking” will in ihrem zentralen Anliegen ekklesiologisch-kirchenrechtlich, nämlich als Trennung von der falschen Kirche verstanden sein.3)


1) K. Schilder, In der “bezwaarschrift” an den Kampener kerkeraad, Eerste- en tweedehands gezag, S. 13.
2) Das ergibt sich aus den Beschlüssen sowie aus den dazugehörigen “Toelichting . . . Schorsing . . . Schilder” und “Rapport inzake de verlangde opheffing . . .”. Im einzelnen vgl. die Urteile, oben S. 196 und 198.
3) Es heisst in ihrem Vorspruch, dass durch die Beschlüsse der Synode eine “verminking over verloochening van de op Gods Woord gegronde geestelijke politie, orde en discipline of tucht der kerken . . .” entstanden und die Zucht missbraucht worden sei, “welke stukken naar onze Nederlandsche Geloofsbelijdenis (Art. 29) alle raken de merkteekenen der ware kerk”. Daraus werden Recht und Pflicht zur Separation “overeenkomstig het ambt aller geloovigen naar art. 28 onzer Nederlandsche Geloofsbelijdenis” abgeleitet. Vgl. im übrigen Exkurs II.

|211|

Schilder hat selbst im Laufe des Jahres 1944, als seine “schorsing” ausgesprochen war, seinen Schriftwechsel mit der Synode, ergänzt durch seine eigene Kritik, veröffentlicht; und zwar in Broschüren, die unter anderen Namen in der Form von Briefen an den jeweiligen “Autor” erschienen.1) Er hat darin eine Reihe von Unzulänglichkeiten und Ungenauigkeiten im Verfahren der Synode und in ihrer Darstellung des Tatbestandes nachgewiesen.2) Das Verfahren der Synode ist zweifellos nicht ohne Fehlerquellen gewesen. Aber alle jene oft äusserst verwickelten Einzelheiten sollen uns hier nicht weiter beschäftigen. Sie gehören, wie die theologische Würdigung Schilders und die Untersuchung der theologischen Strömungen in den Kirchen, in den Rahmen einer Gesamtdarstellung des Konfliktes, die zweifellos noch mancherlei Aufschlussreiches zutage fördern könnte.

Aufs Ganze gesehen wird man jedenfalls sagen dürfen, dass in diesem Konflikt sich die seit der Assener Synode entwickelte, von H.H. Kuyper inspirierte und von M. Bouwman systematisierte kirchenrechtlich-ekklesiologische Auffassung vom eigenen, göttlichen Recht der Synode gegen den vorhandenen Widerstand der Anhänger des alten Doleanz-Kirchenrechtes durchgesetzt hat. Schilder hat selbst mehrfach betont, dass es um eben diesen Gegensatz


1) Dazu gehören: S. Greijdanus, Zijn dan deze dingen alzoo?; A. Vegter, Opwekking of ophitsing; K.C. van Spronsen, De waarheid luistert nauw. Diese sind von Schilder selbst nachträglich autorisiert in “Eerste- en tweedehands gezag”, S. 5. Ferner: S. Greijdanus, Dat ik niemand lichtelijk en onverhoord oordeele, beinhaltend den Brief Schilders an die Synode om 8. März 1944 und seine Antwort auf die ihm gestellten Fragen.
2) So etwa das Verschweigen eines seiner Briefe, das Versäumnis der Synode, ihm die notwendigen Informationen über ihre Verhandlungen und den Stand des Verfahrens gegen ihm zukommen zu lassen, die widerspruchsvolle Motivierung ihres Vorgehens und Verlangens. Hauptsächlich bei Spronsen, a.a.O.

|212|

gehe1) und hat gemeinsam mit Greijdanus den unbedingten Primat der Ortsgemeinde gegenüber der Synode zu verteidigen gesucht.2)

 

Die Dauer der Synode und ihr Agendum.

Überblickt man den Verlauf des Konfliktes, so liegt sein eigentlicher Anlass — von den längst vorhandenen Spannungen zwischen der Heppschen und Schilderschen Gruppe abgesehen — in dem Faktum, dass die fortgesetzte Synode von 1939 ihre Sitzungsperiode 1942 um ein weiteres Jahr verlängerte, die in diesem Jahre fällige folgende Synode dementsprechend verschob und insbesondere dann über ihr ursprüngliches Agendum hinaus auch neu anfallende Punkte in Behandlung nahm. Wir sahen, dass sie dies mit den besonderen Zeitumständen rechtfertigte und im übrigen der Auffassung war, dass die Verrichtung der Aufgaben in Gebundenheit an die Schrift und zum Dienst an der Kirche wichtiger sei als die strikte Innehaltung formaler Vorschriften oder Gepflogenheiten.

Schilder hingegen war der Meinung, dass die Synode durch dieses Verhalten — und namentlich durch die Ernennung des Nachfolgers für Prof. Greijdanus — ihre Befugnisse überschritten habe, weil ihr Mandat an ein festes Agendum gebunden und durch die “credentiebrieven” und “instructiën” der Abgeordneten bestimmt wäre.3) Die Synode hätte nur dann überhaupt noch einmal zusammentreten dürfen, wenn in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrem ursprünglichen Agendum stehende Fragen noch nicht


1) Z.B. bei Spronsen, S. 11 f., 14, 26, 37; Eerste- en tweedehands gezag, S. 24 ff., und bei Vegter, Opwekking of ophitsing.
2) Dies vor allem in seinen beiden Briefen an den Kampener KR (Eerste- en tweedehands gezag) und in dem Schreiben an die Synode von 13.12.43. Was während dieses Konfliktes geschah, ist nur die Konsequenz aus der schon eingangs dieses Kapitels skizzierten Ablehnung des “nieuwen kerkrechts”.
3) Vgl. Eerste- en tweedehands gezag, S. 11 f., 23 f., 31 ff.

|213|

gelöst waren.1) Sie habe mit ihrem Verhalten auf gröbste Weise gegen den Art. 50 der D.K.O. verstossen, welcher drei Jahre als äussersten Abstand zwischen zwei Synoden, nicht jedoch als Sitzungsdauer einer Synode angebe; dieser Zeitraum könne wohl verkürzt, dürfe aber keinesfalls ausgedehnt werden. Durch die Verschiebung der folgenden Synode habe sie sich praktisch eigenmächtig an deren Stelle gesetzt, wodurch das kirchliche Leben verstört und das “recht tot beroep ernstig verkort” werde, da nun alle Einsprüche gegen ihre Handlungsweise länger anstehen müssten.2)

Gegen diese Verlängerung der synodalen Sitzungsperiode und die eigenmächtige Erweiterung des Agendums ist die “bezwaarschrift” an den Kampener Kerkeraad vom Oktober 1942 gerichtet, die Schilder im Frühjahr 1943 durch einen zweiten Brief ergänzte.3) In diesen beiden Schreiben ist Schilders Konzeption vom Verhältnis Gemeinde-Synode deutlich entwickelt. Schilder war zu eigenwillig und zu sehr von seinem Recht überzeugt, als dass er sie hätte zurücknehmen können, weil er damit nämlich seine grundsätzliche Auffassung, dass das höchste “gezag” in der Kirche beim “kerkeraad” liege und die Synode nur für ein bestimmtes Agendum delegiertes “tweede-hands gezag”


1) Vgl. a.a.O., S. 8, 22 f., 32 f., 36 f. Kurioserweise konnte Schilder hier nicht nur auf die Handlungsweise der Assener Synode von 1926 hinweisen, die alle nicht direkt zum Fall Geelkerken gehörigen Anträge der nächsten ordentlichen Synode überwies (vgl. Acta bgw. Gen. Syn. 1926, Art. 394; Acta vgz. bgw. Gen. Syn. 1927, Artt. 251 und 271). Er fand auch einen Kronzeugen in einer 1938 im “Heraut” veröffentlichten Artikelserie von H.H. Kuyper, in welcher dieser sich mit der Frage der Vertagung und vorläufigen Schliessung der Synoden im Zusammenhang mit dem Mandat der Abgeordneten befasst hatte (Heraut, Nr. 3145-52).
2) Vgl. Eerste- en tweedehands gezag, S. 14 ff., 21 f., 27 ff.
3) Beide in Eerste- en tweedehands gezag. Schilder betont bei Vegter, a.a.O., dass er mit dieser Beschwerde wie auch mit dem Brief om 13.12.43 lediglich die Kirchen an ihre Pflicht zu sorgfältiger Prüfung der Beschlüsse habe erinnern wollen. Es sei ihm um die Innehaltung des Rechts, nicht um den Kampf mit der Synode zu tun gewesen.

|214|

besitze, hätte verleugnen müssen;1) und schwerer noch wog für ihn, dass er den Kirchen den Weg zu einem — seiner festen Überzeugung nach — “onschriftuurlijken” Kirchenrecht unwidersprochen freigegeben hätte.2)

 

Das Recht der Synode und der Artikel 31 KO.

Schilders Konzeption liegt im grossen und ganzen auf der bereits von Jansen und im wesentlichen auch von dem Kampener Professor H. Bouwman vertretenen Linie.3) Demnach kommt das den Amtsträgern vom Herrn der Kirche übertragene kirchliche “gezag” ausschliesslich dem “kerkeraad” zu. Er ist als Regierung und Repräsentant der Gemeinde der höchste und im Grunde einzige “gezags”-Träger


1) Mit dieser Voraussetzung steht und fällt die Beschwerde. Schilder betrachtete sie als “den wettigen weg . . . van de gezondenen (de afgevaardigden) tot de zenders (de kerken)”. Er schreibt: “Wanneer . . . een generale synode . . . als meerdere vergadering afwijkt van Schrift of Kerkenordening, dan is tegenover haar beslissingen geen andere weg open, dan die naar de Kerken zelf”. Denn sonst würde man “de zendende kerken achter stellen bij de gezondene leden der kerken”. Eerste- en tweedehands gezag, S. 7 u. 8. — Die Synode hingegen, sich nicht als “vergadering van afgevaardigden”, sondern “van de kerken zelf” betrachtend, musste diesen Schritt als schismatisch verurteilen.
2) Vgl. dazu neben der “bezwaarschrift” selbst auch seine Antwort an die Synode vom 8./9. März 1944, bei Greijdanus, Dat ik niemand lichtelijk en onverhoord oordeele.
3) Er hat sich denn auch in seiner “bezwaarschrift” besonders bei der Auslegung des Art. 31 D.K.O. und bei den Ausführungen über den Charakter der Synode, ihre Bindung an “mandaat en instructie” der Kirchen und das ausschliessliche Zustandekommen des Agendums “door de lastgevers, de kerken” auf Jansen und H. Bouwman berufen. Eerste- en tweedehands gezag, S. 6 f.; 10 ff.

|215|

in der Kirche.1) Er ist darum qualitativ unterschieden von allem “meerderen vergaderingen”.2) Der Zusammenschluss zum Verband und seine Unterhaltung ist den Kirchen von Gott geboten,3) schafft aber keine unio im Sinne der Ortsgemeinden, sondern ist Konföderation. Die “meerderen vergaderingen” werden jeweils ad hoc einberufen4) und sind Organe der vereinigten Gemeinden, d.h. praktisch der Presbyterien. Der Rahmen, innerhalb dessen sie zu Verhandlungen befugt sind, ist durch den jeweiligen Auftrag ihrer Kirchen bestimmt. Sie dürfen nur verhandeln, was “door de lastgevers, in casu de kerken, op ’t agendum geplaatst” ist, d.h. diesen auch vorher bekannt und von ihnen beraten war. Dabei können die Kirchen ihre Abgeordneten unter Umständen in bestimmter Richtung beauftragen (durch “instructie”). Die Synoden können die Ordnung ihrer Agenda bestimmen, jedoch nicht aus eigener Initiative ihr Agendum erweitern; nicht einmal, um “de kerken in ’t gemeen” betreffende Punkte. “Eigenmachtige uitbreiding der agenda keert de kerkelijke grondverhouding, zacht gezegd, ondersteboven”.5)


1) Vgl. dazu auch J.S. Post, Kerkrecht en Eerherstel: “Het plaatselijke kerkinstituut blijft uitgangspunt van alle kerkgezag” (S. 16). “Het kerkverband kan nooit een aardsche regeermacht worden tusschen Christus en de kerken in” (S. 24). “Het gezag der synode is goddelijk, omdat het voortvloeit uit het confoeratief verband der plaatselijke kerken” (S. 17) und darf niemals benutzt werden, um “de souvereiniteit in eigen kring der plaatselijke kerk ter zijde (te) . . . zetten . . .” (S. 12). Die Synode kann befehlen, “maar de kerkeraad moet het doen” (S. 10). Man meint Lonkhuyzen zu hören. Und tatsächlich hat dieser Streit seinen Geist erneut auf den Plan gerufen, gehören seine Gedanken in das Arsenal der “bezwaarden” gegen die Synode. Als Beispiel dafür sei neben Post noch genannt die Broschüre “Overstemming of overeenstemming” von Bremmer und Stoel.
2) Eerste- en tweedehands gezag, S. 10 ff., 32 f.
3) Vgl. Spronsen, S. 70 f.
4) A.a.O., S. 39 ff.
5) Eerste- en tweedehands gezag, S. 11 ff., 13, 31.

|216|

Aus dem Artikel 31 der KO leitete Schilder ab, dass die durch die Abgeordneten nach voraufgegangener Beratung gefassten Beschlüsse erst mit ihrer Ratifizierung durch die Presbyterien für die Gemeinden selbst wirksam und verbindlich werden.1) Das ist eigentlich der zentrale Grundsatz seiner Synodalkonzeption. Dieser “zoo kenmerkend gereformeerde, anti-hierarchische” Artikel 31 der KO,2) welcher zum Emblem des Widerstandes und der Separation wurde, erhielt in doppelter Hinsicht Bedeutung: 1. im Blick auf die Gültigkeit synodaler Beschlüsse überhaupt, und 2. im Blick auf die Rechte derer, welche Beschlüsse einer Synode nicht glauben “voor vast en bondig houden” zu dürfen.

Wenn Schilder meint, dass synodale Beschlüsse zu ihrem Inkrafttreten grundsätzlich der Ratifizierung durch den “kerkeraad” bedürfen,3) so kommt in dieser Interpretation die Ausnahmebestimmung “tenzij dat” einer allgemeinen Regel “voor zoover het niet strijdt tegen . . .” gleich. Diese Formel ist in den “credentiebrieven” der Part. Syn. von Friesland (Noordelijk gedeelte) gebraucht,4) wurde von dem rapportierenden Ausschuss der Synode zwar beanstandet, von dieser selbst aber schliesslich doch gelten gelassen;5) sie wurde demnach von


1) Vgl. Eerste- en tweedehands gezag, S. 11 ff., 31 ff., 39.
2) So Schilder bei Spronsen, S. 25, wo er der Synode vorwirft, diesen Artikel praktisch “weg-ge-interpreteerd”, ausser Kraft gesetzt zu haben, in dem sie das “tenzij” als “in elk geval totdat” auslege und nur noch die Alternative “de facto erkennen” oder “uit het kerkverband treden” übrig lasse.
3) Vgl. Schilder, Eerste- en tweedehands gezag, S. 24, 32 ff.; S. 39 heisst es: “De besluiten der synodes worden aan de kerken bekend gemaakt, opdat deze zullen beslissen wat zij ermee zullen doen . . . Het ratificeeren en arresteeren . . . is een opzettelijke, bewust, afzonderlijke handeling”. Ebenda S. 53 f. in dem beigefügten Aufsatz von Deddens heisst es: “Het ratificatierecht der mindere vergadering . . . vloeit rechtstreeks voort uit de Gereformeerde grondgedachte dat de ambtsdragers van de plaatselijke Kerk voor de uitsluitende heerschappij van Christus over Zijn gemeente hebben te waken”.
4) Vgl. Acta Gen. Syn. 1933, Art. 2; Bijlage LXV.
5) Ebenda, Art. 248.

|217|

Friesland bewusst aufrechterhalten.1) Schilder hat sich darauf berufen.2)3)

Für die durch einen Synodalbeschluss “bezwaarden” habe das in diesem Artikel zugebilligte Einspruchsrecht


1) Vgl. Acta Part. Syn. Friesland (Noordelijk gedeelte) vom 3. Juni 1936, Art. 23, wo es sich um die “credentiebrieven” für die Generalsynode von 1936 handelt. Hier zitiert nach “Eerste- en tweedehands gezag”, S. 24 f.
2) Die Akzentverlagerung wird, wie schon bei Lonkhuyzen und vorher am stärksten bei Fabius, deutlich, wenn es in “Eerste- en tweedehands gezag”, S. 39 heisst: “dat de verplichting tot naleving der synodale besluiten door de kerken zelf vrijwillig aanvaard is, doch over en weer beperkt tot die gevallen, welke niet bewezen zijn te strijden tegen Schrift of KO . . .”.
3) Ob der Artikel 31 D.K.O. in diesem Sinne angewandt werden kann, ist seiner Intention und seiner Stellung im ganzen der KO nach höchst fraglich. Er regelt im Abschnitt über die “kerkelijke samenkomsten” das “recht van hooger beroep”. Es erscheint zunächst als eine Unklarheit dieser KO, dass sie nur und gerade an dieser Stelle vom Abstimmungsverfahren in den “vergaderingen” und von der Bindung an Schrift und KO (denn diese ist mit den “Artikelen . . .” gemeint) spricht. Diese scheinbare Unzulänglichkeit lässt sich nur so erklären, dass die “meerderen vergaderingen” hauptsächlich Berufungsinstanzen ähnlich den schottischen Church Courts sein und nur ausnahmsweise in erster Instanz verhandeln sollten. Dass die historische Entwicklung anders verlief, kan hier ausser Betracht bleiben.
Der Artikel wäre dann in der Tat eine Unterstreichung des Primats der Ortsgemeinde dem auch historischen Gewicht der Classen und Synoden zum Trotz. Von einer grundsätzlichen Ratifizierung ist allerdings keine Rede darin. Es ist bezeichnend, dass auch Deddens in seinem Aufsatz über die Ratifizierung synodaler Beschlüsse (Eerste- en tweedehands gezag, S. 46 ff.) sich nicht direkt auf den Artikel 31 bezieht, sondern sich auf die Praxis der Particulieren Synoden und Classen — und zwar vor 1620 — stützt, wie sie sich in den Akten von Reitsma und Van Veen spiegelt. Er kann jedoch nur — auch in zwei Rutgers-Zitaten — Approbationen neubeschlossener Kirchenordnungen anführen, zu denen sich allerdings die Gemeinden ausdrücklich erklärten, und er weist im übrigen nach, dass die Synoden nicht ohne Vorkenntnis und Auftrag der Kirchen verhandeln durften. Das besagt über eine grundsätzliche Ratifizierung aller Beschlüsse aber gar nichts.

|218|

auf Grund des anzutretenden Beweis aus Schrift, Bekenntnis oder Kirchenordnung zum Ziele, sie nicht wider ihr Gewissen zum Gehorsam zu zwingen, sondern ihnen “in den kerkelijken weg” das Vorbringen ihres Einspruches zu ermöglichen. Der Grund für diese Bestimmung liege in der Erkenntnis, dass auch Synoden Fehlentscheidungen treffen könnten. Die hier ausgesprochene Achtung vor Gewissensbedenken müsse aber notwendig, da sich die Regel auf das Leben innerhalb des “kerkverbandes” beziehe, auch ihre einstweilige Tolerierung bis zur Entscheidung der angerufenen Berufungsinstanz, “een interims-staat, die den bezwaarde verlof geeft, tijdelijk niet mee te doen”, zur Folge haben.1) Schilder hielt dafür, diesen “kerkelijken weg” der Beschwerde mit seinem Protest in Kampen beschritten zu haben, weil dieser zum Ziel hatte, die Aufhebung der gefallenen, seiner Meinung nach unrechtmässigen Beschlüsse durch eine folgende Generalsynode zu erreichen.2) So musste sich für ihn ergeben, dass einmal die Forderung der Synode von 1939/43 nach Unterwerfung unter ihre Entscheidungen und faktischer Mitarbeit an ihrer Ausführung, zum zweiten aber vor allem auch die Forderung nach Zurückziehung seiner eingereichten Beschwerde Gewissenszwang war, und die Synode damit die Kirchenordnung und deren entscheidende Grundlagen verletzte. Schliesslich ist von Seiten der “bezwaarden” mehrfach vorgebracht worden, dass die Synode Schilder wohl seines Professorates, nicht aber — jedenfalls nicht ohne Anhören und Auftrag des KR von


1) Bei Spronsen, S. 70 und passim; vgl. auch Eerste- en tweedehands gezag, S. 38 ff.
2) Dass damit der Weg zur nächsten Synode betreten war, ist gewiss nicht zu bestreiten. Ebensowenig aber, dass mit der Berufung auf den KR gegen die Synode anstelle eines gravamens direkt an die nächste Synode eine prinzipielle Entscheidung in der “gezags”-Frage getroffen war, und dass seine “Adviese” deutlich erkennen lassen, mit welcher Absicht sie gegeben sind: nämlich eine möglichst breite Gruppierung zu schaffen. Dies ist bei der Reaktion der Synode und ihrer Entscheidung: “scheurmaking” zu bedenken.

|219|

Rotterdam-Delfshaven — seines Amtes als “emeritus-predikant” habe entheben dürfen, wobei ganz ebenso wie schon im Falle Geelkerken vom unübertragbaren Recht der Ortsgemeinde und ihrer besonderen, vom Verband nicht auflösbaren Bindung an ihre Prediger her argumentiert wird.1) Die Synode hat diesen Standpunkt nicht grundsätzlich bestritten, sich im Falle Schilder aber darauf berufen, dass er nicht auf normale Weise emeritiert sei, sondern durch eine Berufung in den Dienst der “kerken in het gemeen”, was auch daraus hervorgehe, dass diese und nicht Delfshaven für seinen Unterhalt sorgten.2)

Dem von Schilder und seinen Anhängern vertretenen Standpunt gegenüber haben besonders im Laufe des Jahres 1944 M. Bouwman und H.H. Kuyper, von anderen unterstützt, sich bemüht, ihre Anschauung auszubauen.3) Die “handhaving” des göttlichen “gezag” der Synode ist ihnen umso bedeutsamer, als in dieser Zeit alle anderen “gezags-verhoudingen” ins Wanken geraten seien.4) Nicht um des Bekenntnisses willen, sondern wegen Meuterei, Antastung der kirchlichen Ordnung, Entfesselung eines “revolutiestorms”, wegen der Parteibildung in der Kirche musste Schilder verurteilt werden.5)


1) Vgl. z.B. Post, Kerkrecht en Eerherstel, S. 10 ff.; Bremmer-Stoel, a.a.O., S. 11 ff; 21; auch den “Open brief” der Proff. Dooyeweerd und Vollenhoven an die Synode im Juni 1944.
2) Toelichting . . . Schorsing . . . Schilder, S. 47 f.
3) M. Bouwman, Tweeërlei kerkrecht; ders., Geen rechtskrenking; H.H. Kuyper, Artikel über “Het recht der synodes”, “Het goddelijk recht der synodes”, “Het tuchtrecht der synodes”, im Heraut Nr. 3455-3459 vom 28.5.44-25.6.44 veröffentlicht, also kurz vor der fälligen Entscheidung nach Ablauf der “schorsings”-Frist. Ferner H.J. Westerink, Ambt en gezag, und L. Oranje, Het gezag in de kerk van Christus.
4) Vgl. M. Bouwman, Geen rechtskrenking, S. 41 f. — Kuyper schreibt — offensichtlich gegen Greijdanus — im Heraut Nr. 3472: “Wie dat goddelijk recht niet erkent en toch aan de synode zekere bevoegdheid toekent, stelt in Christus’ kerk een menschelijk gezag aan en doet te kort aan de alleenheerschappij van Christus”.
5) Heraut Nr. 3457, 3469 (De kerkelijke crisis).

|220|

Seit der Middelburger Synode von 1581 habe die Tendenz bestanden, die eigenmächtige Entscheidung der “kerkeraden” besonders in der Zuchtübung über Amtsträger durch ihre Bindung an das Advies der Classis einzuschränken.1) Die französische KO weise in die nämliche Richtung.2) Sie werde bestätigt durch die Praxis der Dordrechter Synode von 1618/19,3) Ausführungen der Leidener Synopsis, von Apollonius und Hoornbeek,4) und seit Bullingers erstem Traktat über die Synode sei deren volles Zuchtrecht anerkannt.5) Sie ist darin nicht abhängig von der Entscheidung “minderer vergaderingen”.6) Diese Auffassung habe die Kirche noch in jüngster Zeit wieder in den Assener Beschlüssen von 1926 bestätigt.7)

Die Verhaltensweise der Doleerenden könne nicht als Vorbild dienen, insofern sie nämlich ihren Streit nicht gegen die Synoden an sich, sondern gegen die “onwettigen” Synoden, die “besturen” geführt hätten, während der grundsätzliche Irrtum der Rutgersschen Voetius-Interpretation als bewiesen gelten dürfe.8)


1) Bouwman, Tweeërlei kerkrecht, S. 15.
2) Bouwman, a.a.O., S. 14 f. nennt als Beleg dafür die Art. I, 50; I, 23 und III, 9 der “discipline ecclésiastique”.
3) Bouwman, a.a.O., S. 30 ff., 21. H.H. Kuyper im Heraut, Nr. 3456.
4) Bouwman, a.a.O., S. 11, S. 30 bezeichnet es als ihre “eenparige opvatting”: “in de artikelen der kerkenordening over de tucht worden de laagste, of wil men, de minste instanties opgenoemd, tot het hanteeren der daargenoemde tuchtmiddelen gerechtigd . . . De meerdere vergaderingen en met name dus de synoden hebben naar de KO het volle tuchtrecht”.
5) H.H. Kuyper im Heraut Nr. 3456.
6) Bouwman, a.a.O., S. 23: “het synodale tuchtrecht” hebt allerdings das der “minderen vergadering” nicht auf, wenngleich es im Zweifel, wo es erst angewandt wird, den Vorrang hat; “het bestaat naast dat van de mindere vergadering, om haar in de oefening der tucht te sterken en in de juiste baan te houden”. Im letzten Teil des Satzes kommt das Aufsichtsrecht des Verbandes zum Ausdruck.
7) H.H. Kuyper, Heraut Nr. 3455.
8) Kuyper, Heraut Nr. 3457; Bouwman, a.a.O., S. 31 ff.; vgl. dazu auch die Ausführungen über das “nieuwe kerkrecht” im vorigen Kapitel.

|221|

Die Haltung der Synode.

Die Synode selbst ist dem eigentlichen Angriff Schilders durch eine axiomatische Voraussetzung ausgewichen: Schilder bestritt das originäre Recht der Synode — die Synode setzte es voraus. Die “bezwaarden” anerkannten nur ein bei den Gemeinden liegendes, wenn auch ad hoc delegierbares “gezag”, die Synode hingegen berief sich auf “de macht, welke Jezus Christus . . . niet alleen aan de kerken afzonderlijk maar ook tezamen verleend heeft en welke autoriteit in ons midden erkend is”,1) und musste von dieser ihr wissenschaftlich angebotenen, aber nicht in grundsätzlicher Entscheidung auch kirchlich rezipierten Auffassung her zur Bekämpfung der “voortdurende bestrijding van het gezag der meerdere vergaderingen” kommen. Sie war nicht gewillt, dieses “gezag” prinzipiell in die Diskussion zu ziehen.2)

Da nach Auffassung der Synode in ihr nicht bloss Abgeordnete, sondern die Kirchen selbst vertreten sind und beschliessen, so musste sie das Ratifizierungsrecht der Kirchen bestreiten; wenn die Synode “vergadering der kerken gezamenlijk” ist, haben diese ja selbst beschlossen. “Van een ratificatie der genomen besluiten, zooals prof. Schilder . . . zegt, is in onze kerken nimmer sprake geweest; . . . de onderlinge gemeenschap en trouw eischen om Christus’ wil, dat elke plaatselijke kerk zich schikt, naar wat de kerken in Generale Synode besloten hebben”.3) Unter dieser Voraussetzung kann es dann auch


1) So im “broederlijk schrijven aan ds. J.S. Post te Axel, Acta Gen. Syn. 1943/45, Art. 507, Bijlage LXXXIII.
2) Vgl. Toelichting op het Synodebesluit tot schorsing van Prof. Schilder, S. 34.
3) Im Schrijven van de Generale Synode aan de kerken, Acta Gen. Syn. 1943/45, Art. 341, Bijlage LXIV. Vgl. auch Toelichting schorsing Schilder, S. 16. Vgl. dazu auch die inhaltlich genau gleichen Ausführungen von H.H. Kuyper in ‘Ambt en Gezag’, Heraut Nr. 3472.

|222|

keine Berufung gegen die Synode bei den Kirchen geben, sondern nur bei der gleichen “vergadering” (resp. ihrer Nachfolgerin). “De fout van prof. Schilder is dat hij gemeend heeft, van een beslissing der Generale Synode zich te kunnen beroepen op de afzonderlijke kerken, in plaats van te zijner tijd zijn bezwaren in te brengen bij de volgende synode. Hij leeft in de gedachte, dat de besluiten der synode geen geldigheid hebben en eerst nog de approbatie van de kerken behoeven”, die “min of meer los van die Vergadering van afgevaardigden (staan). Deze voorstelling is echter in strijd met de KO”.1)

Die Auslegung des Art. 31 der KO entschied die Synode dahin, dass Beschwerdeeinlegung einstweilige Anerkennung des Beschlusses um der Ordnung willen zur Voraussetzung habe. Die Synode habe dann über den ihr vorzulegenden Beweis zu befinden. Von diesem Grundsatz könne man nur abweichen, wo die Synode die Schrift nicht mehr als unbedingt bindende Grundlage anerkenne; “maar een dergelijk geval deed zich hier in werkelijkheid niet voor”.2) Es sei jedenfalls unmöglich, dass Schilder “voor de afzonderlijke kerken de volle vrijheid opeischt om binnen het kerkverband de besluiten van de generale synode niet uit te voeren . . . Dan zou ieder, die beweert, gewetensbezwaren te hebben, vrij zijn om in het kerkelijk leven eigen meeningen te volgen . . . dan wordt de eenheid der kerken prijsgegeven voor een independentistisch


1) Toelichting schorsing Schilder, S. 46. Vgl. auch ebenda, S. 16, wo die Berufung auf die Kirchen gegen “de Synode, dat is de vergadering van de kerken gezamenlijk” als “met het Gereformeerde kerkrecht en de beginselen der kerkenordening ten eenenmale in strijd” bezeichnet wird.
2) Toelichting schorsing Schilder, S. 7 f.., 42 f. Vgl. ferner den Rapport, Acta 1943/45, Art. 100, Bijlage XXIX; vgl. auch Acta 1943/45, Bijlage LXIV; im gleichen Sinne noch Bouwman, Geen rechtskrenking, S. 35.

|223|

individualisme, dat tot groote schade is voor alle kerken”.1) Die Synode von 1946 beschloss:

“dat in allen gevalle naar het oordeel der synode dit artikel dus opgevat moet worden, dat de vastigheid en bondigheid van de besluiten der kerkelijke vergaderingen haar begrenzing vindt in de overeenstemming met het Woord Gods en de artikelen der K.O., met dien verstande evenwel, dat over de aanwezigheid dezer overeenstemming niet slechts degene, die bezwaren inbrengt, maar evenzeer de kerkelijke vergaderingen te oordeelen hebben, en dat in dezen binnen het kerkverband de beslissing tenslotte zal moeten verblijven aan de generale synode”, und “dat het beslissend oordeel of de uitvoering van het besluit eener kerkelijke vergadering hangende het appèl daartegen voorlopig kan worden opgeschort, in elk bijzonder geval staat bij de desbetreffende kerkelijke vergadering, en dat het niet juist geacht moet worden voor bepaalde gevallen een algemeene regeling te treffen, die er toe zou leiden besluiten eener kerkelijke vergadering tijdelijk voor niet vast en bondig te verklaren”.2)

Sie billigte “bezwaarden” das Toleranzrecht zu, wenn “geen fundameneel punt der waarheid” betroffen sei und der “dwalende” seine Auffassung nicht propagiere.3)

Es ist auch für diesen Streit typisch, dass die “bezwaarden” als Kriterium zwischen den Meinungen im Grunde nicht die Schrift, sondern den “accoord van kerkelijke gemeenschap” betrachteten. Es war ein Streit um die Auslegung und Gültigkeit der geschriebenen und gegenseitig vereinbarten Regel des Zusammenlebens im “kerkverband”, welcher in freiwilligen Zusammenschluss und in der fixierten gesinnungsmässigen Übereinkunft gründet. Dem entspricht die unverhältnismässig starre Auffassung sowohl des Bekenntnisses als auch der Kirchenordnung.4) Die Synode scheint, wenn auch sehr zögernd,


1) Acta Gen. Syn. 1943/45, Bijlage LXIV (Synodales Rundschreiben vom 25.2.44).
2) Acta bgw. Gen. Syn. 1946, Art. 220, 7.
3) Ebenda, Art. 220, 9.
4) Abgesehen von vielen anderen Bezeugungen gleicher Art dürften für die Einstellung der “bezwaarden” dazu jene Sätze bei Bremmer-Stoel, a.a.O., S. 14 typisch sein: “De KO is . . . uitdrukking van geopenbaarde goddelijke beginselen inzake de kerkregeering. Een interpretatie, die zich van de KO naar haar letter losmaakt, maakt zich . . . ook feitelijk los van het geopenbaarde Woord Gods”. Schilder selbst kann von “Gods Woord, uitgedrukt in onze Kerkenordening” sprechen; bei Spronsen, S. 50.

|224|

auf dem Wege gewesen zu sein, diese Starrheit zu durchbrechen.1)

Was in dieser Auseinandersetzung als treibende Kraft hinter den Parteien steht, ist die bei den Gereformeerden, aber ja keineswegs nur bei ihnen, tief verwurzelte Polarität von “gezag” und “vrijheid”. Beide sind für die rechte Gestaltung des kirchlichen Lebens von fundamentaler Bedeutung. Es gehört zum Verdienst und Erbe der Doleanz, beide wieder scharf hervorgehoben zu haben. Geblieben aber ist die Notwendigkeit, das rechte Verhältnis dieser Maximen zueinander zu finden; jeder Konflikt wie der Schildersche nährt sich aus dem Dualismus dieser beiden Prinzipien. Sie schliessen im absoluten Sinne genommen einander aus. Gibt es aber eine über ihnen stehende Grösse, ein sie verbindendes und zugleich abgrenzendes Kriterium?


1) Die Tendenz, die Freiheit zum Handeln gegenüber der formalistischen Auffassung der KO wiederzugewinnen, also von deren Gleichordnung mit der Schrift als unumstössliche Norm loszukommen, zeigt sich bereits in dem Beschluss vom Herbst 1943, “dat, bijaldien in de(ze) credentiebrieven de stipulatie voorkomt van gebondenheid aan de kerkenordening, dit niet de bedoeling mag hebben om het, ook volgens Art. 87 der kerkenordening aan de synode toekomende recht, om in de kerkenordening eventueele wijzigingen aan te brengen, in twijfel te trekken en evenmin, om aan de kerkenordening een ander dan kerkelijk (en dus geen wettisch of juridisch) karakter toe te kennen”; Acta Gen. Syn. 1943/45, Art. 282, 2.
Dass die Synode — und auch die von 1946 — nicht in Konsequenz ihrer Erkenntnisse und vor oder mit ihren Beschlüssen die KO änderte, wenigstens verdeutlichte, sondern sich unter allen Umständen vor deren Wortlaut zu rechtfertigen bemüht war, ist ihre Schwäche, zeigt aber zugleich, wie sehr sie selbst auch von der dogmatisch-kanonischen Autorität des Konföderationsstatutes durchdrungen war.

|225|

Müsste die Frage verneint werden, so wären Ekklesiologie und kirchliche Ordnung immer von der Sprengkraft dieses Dualismus bedroht. Uns scheint jedoch, dass in der Kirche Christi, da wo sie sich recht versteht und im Gehorsam gegen ihren Herrn ihr Leben und ihre Lehre gestaltet, ein solcher Dualismus im Prinzip ausgeschlossen werden kann.1) Denn die Freiheit des Christenmenschen hat letztlich in demselben Wort und in demselben Herrn ihre Grenzen, in denen das “gezag” des christlichen Amtes gründet: dieses “gezag” aber hat E. Schweizer mit Recht als Dienst charakterisiert;2) eine Sinnbestimmung, die ja übrigen auch auf gereformeerder Seite allgemein immer wieder betont worden ist.


1) Damit ist nicht ausgeschlossen, dass er in der Praxis auftritt. Die Glieder der Kirche sind Menschen, und es gibt darunter auch stolze, rechthaberische Naturen. Es kann der Buchstabe sich gegen den Geist auflehnen, — Krisen können von beiden Polen her bedingt sein.
2) E. Schweizer, Das Leben des Herrn in der Gemeinde und ihren Diensten, Zürich, 1946.